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interview - shout out louds

bereits 2003 fielen die shout out louds vom schwedischen indie-fließband. doch erst zwei jahre später kam es zum export nach deutschland. mitte 2005 kam das debütalbum »howl howl gaff gaff« der band auf den deutschen markt. das quintett aus stockholm besteht aus sänger adam olenius, ted malmros (bass), carl von arbin (gitarre), eric edman (drums) und bebban stenborg (keyboards, xylophon etc.). vor dem abschließenden konzert ihrer europa-tour 2005 im hamburger knust sprach steven jörgensen mit sänger adam und gitarrist carl.
gegründet wurde die band als projekt von olenius und von arbin. 2001 studierten beide grafik-design an der gleichen kunstschule. dazu kamen malmros, der film studierte und immer noch bei allen videos der band regie führt, edman, der wirtschaft studierte und stenborg, die zu diesem zeitpunkt kurzgeschichten schrieb.
die shout out louds sind ein typisches beispiel der schwedischen musik-szene. es beginnt als do-it-yourself-projekt und wird mit der zeit professioneller. kleine labels bieten den kreationen ein zuhause. danach muss man nur noch auffallen. und schließlich zogen sie in die welt hinaus, um ihre musik unter die leute zu bringen.

euer album »howl howl gaff gaff« wurde in schweden bereits vor zwei jahren veröffentlicht. wurdet ihr nicht langsam ungeduldig, mit den songs über schwedens grenzen hinaus zu kommen?

carl: nachdem wir damals das album herausbrachten, haben wir viel getourt. und andauernd passierten neue dinge. es war einfach ein langsamer fortschritt.

adam: es hat wirklich ziemlich gedauert. wir sind mehrere male nach new york und london gefahren, um dort shows zu spielen. und die sind auch gut gelaufen, aber es dauert einfach, bis man einen plattenvertrag bekommt. und bis man die richtige person gefunden hat, mit der man arbeiten will. während wir also in schweden tourten, versuchten wir gleichzeitig jemanden zu finden, der außerhalb von schweden mit uns arbeiten wollte. deshalb hat es so lange gedauert.

carl: auch als wir uns dann entschieden haben, mit emi und capitol zu arbeiten, gingen wir immer langsam vor. so wollten wir es auch, denn wir möchten unsere musik den menschen nicht aufdrängen. sie sollen uns langsam aufnehmen.

wieso habt ihr euch für emi entschieden?

carl: wir haben mit vielen labels gesprochen. es ist immer schwer, wenn man aus schweden kommt, denn man braucht geld, um zu fliegen und um zu touren. und sie haben uns unterstützt, als wir ihnen gesagt haben, dass wir viel auf tour gehen wollen. und sie wirkten wie die richtigen personen. bei uns war ja alles bereit. wir hatten ja schon das album fertig.

adam: wir hatten das album. wir hatten die videos. wir hatten das gesamte paket. also haben sie mit uns einfach das in der gesamten welt weitergemacht, was wir in schweden angefangen haben. und sie haben uns verstanden. aber es war schon seltsam mit einem so großen label zu arbeiten, wenn man vorher eigentlich nur mit einer einzigen person gearbeitet hat. jetzt arbeiten wir mit hunderten von leuten in jedem land. es ist schwer und man muss ständig konzentriert bleiben, aber sie reden uns eigentlich nicht rein. obwohl emi und capitol ein major sind und sie auch viele richtig schlechte künstler unter vertrag haben, haben sie doch eine großartige musik tradition. immerhin haben sie »pet sounds« rausgebracht.

obwohl euer debüt ein reguläres album ist, wirkt es doch wie eine zusammenstellung eurer singles der letzten jahre. welches war das erste, welches das letzte lied?

adam: der opener »the comeback« war das erste lied, der closer »seagull« das letzte. aber sonst ist es nicht wirklich chronologisch. die meisten songs waren bereits auf der schwedischen version. wir haben nur die songs unserer letzten ep hinzugefügt. wir haben nämlich mit einem neuen produzenten namens björn yttling zusammengearbeitet. und der sound hat uns so gut gefallen, dass wir deshalb das album etwas verändert haben.

ein ständiger begleiter der band sind zwei heulende wölfe. bevor die shout out louds richtig existierten, zeichnete olenius die grafik. »wir hatten diese wölfe immer als symbol«, sagt der sänger. bei konzerten kann man die wilden tiere auf dem bass-drum bewundern.

ihr nehmt an vielen stellen – albumtitel und bandname – bezug auf wölfe. wie kommt das? und was bedeutet der wolf für euch?

carl: der wolf ist ein sehr nordisches tier. und sie halten zusammen.

adam: sie halten zusammen, aber gleichzeitig sind sie sehr einsame tiere. wir mögen wölfe einfach. auf dem cover des albums heulen wir ja auch den mond an. als wir unser erstes demo aufnahmen, waren (bassist) ted und ich in russland. und wir fanden heraus, dass »gaff« auf russisch der laut für bellen ist. das fanden wir so witzig, dass wir es verwendet haben. und als wir dann unserem album einen titel geben mussten, haben wir uns daran zurück erinnert. womit haben wir angefangen? es fing alles mit diesem wolf an. es fing alles mit gaff an. seitdem ist es der rote faden bei uns, sogar in den texten findet man es manchmal.

carl: und auch der bandname bezieht sich darauf. wir brüllen wie die wölfe.

beschreibt, wie ihr songs schreibt. wo fängt es an?

carl: es fängt meist bei adam an.

adam: ja. das erste album haben ich größtenteils allein geschrieben. aber jetzt touren wir mehr und jetzt bringt jeder seine ideen ein. ich sammle diese ideen und gehe mit ihnen zu carl, weil wir beide die selbe vorstellung von liedern haben. wir sind diejenigen, die im studio sitzen und diesen speziellen sound suchen, der es interessant macht.

carl: viel hängt von der energie der lieder ab.

adam: bei manchen ideen braucht man die gesamte band, um den song zu fühlen. man sucht dann eine besondere energie. es ist groß. es ist wie eine familie, die in die selbe richtung geht. und einige songs sind wiederum sehr intim. die muss man sehr vorsichtig behandeln.

fällt es euch schwer, auf tournee zu schreiben?

carl: es sehr sehr schwer.

adam: es passiert einfach so viel auf tour. aber irgendwie sind es doch jeden tag die gleichen dinge. selbst wenn man neue menschen kennenlernt. wenn ich zuhause bin und mich mal in ruhe hinsetze, dann kann ich schreiben. ich erinnere mich, dass ich im sommer mal eine woche zuhause war. davor hatte ich monatelang nichts mehr geschrieben. und dann schrieb ich allein in dieser woche fünf neue songs. wenn man zuhause ist, kann man über alles nachdenken, was passiert ist. wir wollen außerdem einen sehr lokalen sound haben. also müssen wir in stockholm sein. um zu den wurzeln zurückzukehren.

carl: das funktioniert eigentlich ganz gut: auf tour trifft man andere bands und wird von ihnen inspiriert. man lernt neue instrumente kennen, neue arten aufzunehmen. manchmal machen wir arrangements, aber um zu schreiben und aufzunehmen, müssen wir zuhause sein.

welche instrumente wollt ihr mal ausprobieren?

carl: ich habe wieder angefangen, klarinette zu spielen. ich habe sie früher einige zeit gespielt. auf dem nächsten album gibt es bestimmt klarinette.

adam: als wir in schottland waren, haben wir dudelsack ausprobiert. auf dem nächsten album werden wir mehr mit rhythmus und verschiedenen schlagzeug-arten herumexperimentieren. es macht spaß, das digitale und das analoge zu mischen, kalte und warme töne. ich freue mich darauf, das alles zusammenzutun.

mit euerm debüt habt ihr einen hohen standard gesetzt. habt ihr angst vor dem nächsten album. fragt ihr euch, wie ihr das erste übertreffen sollt?

adam: nicht wirklich. es gibt schon wieder so viele ideen. ich sage aber nicht, dass das nächste album, grundlegend anders sein wird. wenn wir songs schreiben, nehmen wir nicht einfach ein altes lied und versuchen es besser zu machen. wir denken nicht mehr an das erste album. die begeisterung für das nächste...

carl: ...bestimmt alles. es geht nicht darum, das erste album zu übertreffen. es ist mehr wie eine andere energie. es wird viel spaß machen, neues material aufzunehmen und im studio rumzuspielen.

wieviel schweden ist in eurer musik?

adam: das ist schwer zu sagen. jedesmal, wenn wir außerhalb von schweden spielen, sagen uns die leute wie schwedisch wir klingen. wenn wir aber in unserer heimat spielen, sagt man uns, dass wir britisch oder amerikanisch klingen. in schweden gibt es diese große tradition für melodien und liedmachertum. musik ist dort seit 40 jahren sehr wichtig. also ist der schwedische sound klassische songwriter-musik. aber dann gibt es auch widerum so viel andere interessante musik. mit so vielen unterschiedlichen stilen.

sie tragen ihr herz auf der zunge. und meist scheinen sie dabei nicht besonders glücklich. trotzdem: »wir sind eine ziemlich schüchterne band«, sagte adam vor dem gig. später jedoch ließ die band alle rock‘n‘roll-aggressionen auf der bühne raus und warfen ihre instrumente durch die luft.

was inspiriert euch?

adam: alles. bei der musik sind es die bands, die wir gehört haben, als wir aufwuchsen. in den texten sind es familie, freunde und auch feinde. alles, was dir nahe geht. meine texte sind recht persönlich und ich muss den menschen sehr nah sein.

du sagtest deine texte seien persönlich. wieviel erfährt der zuhörer über dich?

adam: sie sind auf der einen seite sehr persönlich, aber ich bin nicht spezifisch. der zuhörer kann nie so fühlen, wie ich es tue. wenn ich mir songs anhöre, kann ich nie genau sagen, was der autor gefühlt hat, als der song geschrieben wurde. also macht man sich das lied zu eigen. das sollten die leute auch mit meinen songs machen. als wir jünger waren, gab es lieder, die unheimlich wichtig für unser leben waren. ich will nicht zu genau werden. vielleicht können meine texte die gefühle der zuhörer verbessern. aber ich denke nicht wirklich an die zuhörer, wenn ich schreibe. das einzige mal, wenn ich das tue, ist hinter dem mischpult im studio.

habt ihr jemals daran gedacht, songs auf schwedisch zu schreiben?

carl: am anfang haben wir nie darüber gesprochen. es passierte einfach, dass wir auf englisch sangen.

adam: aber jetzt haben wir schon einige male darüber geredet. einmal haben wir es spätabends in meinem apartment ausprobiert. und es klang wirklich gut. wenn es sich gut anfühlt, werden wir es machen. tatsächlich habe ich meinen ersten schwedischen text erst vor drei, vier monaten verfasst. das war das erste mal. es hat mir wirklich angst gemacht, das zu tun. ich hätte fast die seite aus meinem notizbuch rausgerissen, weil es niemand sehen sollte. weil es sich viel persönlicher anfühlte. manchmal versteckt man sich hinter der fremdsprache. aber ich denke, dass wir bald eine song auf schwedisch schreiben müssen. es scheint uns zu verfolgen.

is es schwer, auf schwedisch zu schreiben?

carl: es ist schwerer als auf englisch. aber die sprache sollte uns natürlich nicht hindern.

adam: als ich erstmals englisch lernte, war ich neun jahre alt. und die ersten worte waren: cat, hat, bat, rat und sie alle reimten sich. das war also ein guter anfang. was das angeht, ist es wohl leichter auf englisch zu schreiben.

ihre musik ist eingängig und bleibt lange im ohr. wärme und begeisterung werden frei. bezugspunkte sind the cure, bright eyes, the smiths und manchmal pavement. gitarrist von aarbin: »wenn ich unsere musik meinen eltern beschreiben würde, würde ich sagen, dass sie poppig, melodisch und gitarren-basiert ist. dazu kommt etwas mundharmonica, etwas akkordeon, tambourine und klatschen.«

bei »there‘s nothing« hört man verzerrte gitarre, die mich an pavement erinnert. in »please please please« klingt die gitarre ähnlich wie in »this charming man« von the smiths. sind das einflüsse von euch?

carl: pavement ist wichtig für unseren gitarrensound und für unsere produktionsweise.

adam: du lässt dich immer gerne von der energie eines songs wie »this charming man« inspirieren. man versucht, das gleiche gefühl zu haben. ich kann das auch bei anderen bands hören. es macht spaß zu sehen, wie sie es auf ihre weise interpretieren.

eine andere band, die mir in den kopf kam, als ich euer album hörte, war the radio dept. gefällt euch deren musik?

adam: auf jeden fall. sie sind eine der besten schwedischen band seit langem. und sie sind echt großartige menschen. auch wenn ich denke, dass wir unterschiedlich klingen, bewundere ich ihre arbeit und wie sie so wunderschöne musik machen können.

irgendwelche anderen schwedischen bands, die ihr empfehlen könnt?

adam: the embassy. sie singen auf englisch und klingen etwas wie new order und die pet shop boys. und jens lekman. seine musik lässt sich schwer beschreiben. es ist manchmal wie magnetic fields. er ist ein troubadour.

welche ziele wollt ihr mit der band erreichen?

adam: das ist sehr seltsam, aber wir hatten nie irgendwelche ziele. ich kann mich nicht erinnern, dass wir jemals darüber gesprochen hätten.

carl: ich möchte viele gute platten herausbringen und immer noch meine seele haben. wir müssen nicht super-groß und berühmt sein. ich mag bands, die immer weitermachen, aber trotzdem noch ein normales leben haben, wenn sie nach hause kommen. wie teenage fanclub. sie werden älter, aber entwicklen sich immer noch weiter. ich will später auch mal heiraten.

adam: es gibt so viele bands, die sich ziele setzen. ich habe ein interview mit den kaiser chiefs gelesen. ihr traum war es berühmt zu werden. ich finde das merkwürdig. das ist das gleiche, wie bei den teilnehmern von diesem pop idol (superstar-suche) müll. es ist das gleiche ziel. das kann ich nicht verstehen. für uns geht es darum, interessante musik zu machen. und immer besser zu werden. natürlich wäre es toll, wenn wir bekannter werden und von der musik leben könnten. dann könnte ich mir vielleicht ein kleines haus mit einem kleinen studio kaufen. und ich kann mir ein fahrrad und einen hund leisten.

es ist der letzte tag der tournee. war es ein triumph oder eine katastrophe?

carl: wir sind sehr zufrieden. viele leute sind zu unseren konzerten gekommen.

adam: wenn man es so betrachtet, war es ein triumph. aber wir sind auch schon so lange unterwegs. sieben, acht monate. da gibt es tage, an denen alles falsch läuft und sich alle bandmitglieder hassen. und alles schrecklich ist. aber zumeist war es großartig.

carl: es ist schön nach hause zu fahren. um zu sehen, ob die freunde noch ans telefon gehen, wenn man anruft.

adam: ja, ich bin schon etwas nervös zurückzufahren...

mögt ihr die alten songs noch spielen oder braucht ihr eine pause?

adam: wir brauchen eine pause, aber es macht immer noch spaß, die lieder einem neuen publikum vorzuspielen. diese kommunikation mit den leuten macht einfach freude. aber wie gesagt, ist es frustrierend, auf tour kreativ zu sein. wir können derzeit nur von den neuen songs träumen.

(interview: stj / 19.12.05 / knust hamburg)

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