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interview - timid tiger

timid tiger : interview mit keshav purushotham und christian voß

timid tiger sind die neueste band im hause l'age d'or. nachdem dort vor kurzem ihre erste single 'miss murray' noch einmal rereleast wurde, wird anfang mai das debutalbum "timid tiger and a pile of pipers" erscheinen... und am 28.04. sind sie live in der tanzhalle st. pauli zu sehen.

ihr und der timid tiger - comics in der popmusik sind ja nichts neues. ich erinnere mich da an die identitäten der gorillaz genauso wie an animierte musikvideoclips, in denen musik und figuren korrespondieren, wie bei moby, radiohead ect.
ihr sagt in eurem info, das album sei der soundtrack zum leben des timid tiger. in wie weit war die konzeptuelle verbindung von musik, comiccharakter und identität der band geplant?

ch: als wir 2002 zusammen anfingen, hatten wir die idee, eine rockband zu machen, mit hörspielaspekten. wir wollten auch live so auftreten, dass wir zur hälfte ein hörspiel laufen lassen und das musikalisch untermalen und zur anderen hälfte dann unsere musik spielen. das mit dem hörspielaspekt hat sich dann irgendwie nicht weiterentwickelt, stattdessen ist der tiger ins zentrum gerutscht, nachdem der name für die band feststand. wir hatten nach einem protagonisten gesucht und sind bei "timid tiger" geblieben, weil der name einerseits schön klingt, mit der alliteration, sehr griffig, und andererseits der widerspruch in sich eine interessante sache ist, weil der tiger als schmusekatze geboren und dann zur größten raubkatze der welt wird, also richtig gefährlich ist, und die kombination mit "timid", dem schüchternen, ängstlichen, im kontrast zu der bestie steht. das spiegelt auch unsere musik wieder, zwischen heiler welt und naivem dahingleiten, aber auch nachdenklichen und traurigen texten.

k: als wir dann unseren ersten auftritt hatten mit der band katze, haben wir den sänger klaus cornfield, von dem wir wussten, dass er ein super comiczeichner ist, gefragt, ob er was für uns malen würde. ihm hat unsere musik gefallen und eine woche später hat er den tiger gemalt, der jetzt auch auf dem cover der "miss murray"-single zu finden ist. von da an haben wir uns auch immer beim songwritig von den bildern von klaus inspirieren lassen.

ist es für euch wichtig, dass man eure musik visualisieren kann?

ch: das kling immer so bemüht... es geht uns darum, phantasievolle musik zu machen, und dass beim hören auch phantasievolle bilder entstehen. das ist uns wichtig. wir sind jetzt nicht bemüht darum, die musik passend zum tiger zu machen. das inspiriert sich einfach alles gegenseitig.

k: wenn ich musik höre, dann möchte ich gerne die augen schließen und bilder sehen. deshalb ist filmmusik, die atmosphären transportiert, schon ein großer einfluss für uns.

wie würdet ihr eure musik jenseits vom pop-begriff definieren?

ch: wir haben lange mit begrifflichkeiten jongliert und uns irgendwann für cartoon-pop entschieden. das songwriting ist sehr klassisch, aber durch den gesang und das keyboard, von dem sehr viele kitschige sounds kommen, so "boings" und "blings", entsteht dieses comichafte. ausserdem gibt einem der begriff "cartoon-pop" die möglichkeit, frei zu spielen, denn im cartoonbereich gibt es keine grenzen. man kann halt einen coyoten über die klippe springen lassen und er fällt 2 kilometer in den abgrund auf einen kaktus und steht wieder auf.

habt ihr mit dieser definition und der verspielten herangehensweise keine angst, im musik business nicht ernst genommen zu werden?

ch: die musik auf dem album ist nicht zu ernst gemeint und wir wollen sie auch mit lockerheit präsentieren, trotzdem kann man ihr ernsthaftigkeit nicht absprechen, weil wir sie im singer und songwriter stil geschrieben haben und voll dahinter stehen.

das merkt man auch, wenn man euch live sieht. vielleicht ein grund, warum so viele boa-fans (timid tiger supporteten die tour des indie-urgesteins) sich in eurem gästebuch positiv überrascht äußern.

ch: wir waren am anfang ein bisschen skeptisch, weil wir auch nicht mit der musik von philip boa aufgewachsen sind und das image aus der presse schon so einen gruftie-fankreis und einen schwierigen musiker suggeriert. aber backstage hat philip immer "lovbeboat" mitgesungen und das publikum war, bis auf die großen städte, sehr mainstream.

ihr seid als frühzwanziger bestimmt auch alle mit der indiemusik der 90er sozialisiert...

ch: gar nicht mal so. worauf wir uns alle einigen können, ist blur. wir haben zwar unsere wurzeln im indie, aber unsere vorbilder sind eher die beatles, beachboys und kinks. daran lehnt sich auch die bezeichnung cartoon-pop. da gab es ja ende der sechziger diese musik, die unter "comedy rock" lief. vor allem die "sergant pepper" und "pet sounds".

hat phil vinall (elastica, placebo ect.) beim abmischen in england noch einmal großen einfluss auf den sound genommen?

k: da ist noch mal sehr viel passiert. phil gab dem ganzen guten input und man kann schon sagen, dass man seinen einfluss raushört.

wie man im tourtagebuch und auf eurer homepage lesen kann, pflegt christian den poetisch blumigen umgang mit der deutschen sprache, welcher auch sehr geeignet fürs songwritig wäre. vielleicht gibt es ja einen sehr nahe liegenden grund, aber warum singt keshav auf englisch?

ch: keshav ist englisch sprachig aufgewachsen... (... und halb inder : anmerkung der redaktion)

k: ich bin in deutschland geboren und als ich sechs war mit meinen eltern nach indien gegangen und habe dort ein paar jahre gelebt. zu hause sprechen wir auch jetzt noch viel englisch und deshalb ist das für mich von kindheit an genauso wichtig wie deutsch. sobald ich die gitarre in die hand genommen hab, war englisch eben die sprache, die aus mir rauskam. es war keine bewusste entscheidung.

der cartoon-pop eröffnet euch ja noch tausendfache möglichkeiten für die zukunft. was habt ihr genau vor?

ch: im prinzip wollen wir irgendwann mal so eine art muppet-show auf die bühne bringen. so ein bisschen wie live bei den flaming lips. kindergeburtstag mit konfettibomben und da sollen auch irgendwann figuren über die bühne laufen. wir wollen uns nicht nur auf das musikalische beschränken, sondern auch ein bisschen show nebenbei machen und theatralische momente einbringen.

k: wir setzen das ja im kleinen jetzt schon an und versuchen nach und nach mehr elemente einfließen zu lassen. für die tour im mai wollen wir einen schritt weiter gehen und mit handpuppen arbeiten. zwei sprechende melonen auf den verstärkern, die sich über uns lustig machen.

(interview: wibke wetzker)

timid tiger im internet unter: www.timidtiger.de

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