home                                     club        musik        konzerte
plattenkritiken | popnews | interviews | popclassics | clubplaylists | plattenlabels

plattenkritik

arcade fire : neon bible
bereits erschienen, (cityslang)

eine amerikanische kirche, das ist etwas anderes, als die vor ehrfurcht triefenden gothischen kathedralen europas. eine amerikanische kirche bietet lebenshilfe und lebensraum. da liegen essensgerüche in der luft, da wird die predigt vom "publikum" kommentiert, da ist popkultur greifbarer, als in unseren heimischen discotheken, da baumelt eine lose neon-reklame für jesus vor den pforten. an eben so einen ort haben sich arcade fire für die arbeiten an ihrem zweiten album zurückgezogen. und das erscheint dann doch wieder als besonderer umstand, neue welt hin oder her. in kanada (ja, kanada ist teil amerikas) scheint es billiger zu sein, eine kirche zu kaufen und zur produktionsstätte umbauen zu lassen, als sich in ein studio einzumieten, denn arcade fire geben neben dem platzbedarf einer achtköpfigen band, kostengründe als hauptmotivation für besagtes unterfangen vor. thematische inspiration stand also nicht im vordergrund, auch wenn neon bible geradezu nach gott schreit. ähnlich wie beim vorgänger "funeral" stillen arcade fire ihren aus angst resultierenden durst an den ufern des styx, da wo diesseits und jenseits von dunklen wassern getrennt werden. in einer welt, in der man keine wahl hat, in einem land, auf welchem ein bösartiger fluch liegt, in einem dasein, das schmerzhaft an seine träume grenzt, in dieser verwunschenen welt besitzt überwältigende leidenschaft magische befreiungskräfte. und wenn es an dieser stelle erlaubt ist, weiter den pathetischen gestus zu bemühen, dann möchte ich meinen, dass arcade fire ein flammendes schwert in die tiefen des styx stoßen, wenn sie mit folklorischer raffinesse ihre ganz eigene messe zelebrieren; auf französisch und englisch, tanzbar wie bei "keep the car running", elegisch mit spanischen trompeten wie im fall von "ocean of noise", oder bruce springsteenesque in "antichrist television blues". nach so viel griechischer mythologie und christlichen metaphern sollte am ende noch erwähnt werden, dass "neon bible" trotz orgeleinsatz auch durchgehört werden kann, ohne ein einziges mal an kirche, religion ect. zu denken. gott lob.
(ww)