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plattenkritik

bauhaus - go away white
bereits erschienen, (cooking vinyl/indigo)

"bela bugosi's dead, undead, undead, undead!" drei jahrzehnte liegen zwischen heute und dem gothic-rock-klassiker der ersten stunde über den wohl berühmtesten untoten-darsteller aller zeiten, bela lugosi. im april 2008 spuckts "you tube" in schwacher tonqualität aus: die protagonisten "bauhaus" in einem käfig, sänger peter murphy in lasziver düster-pose zwischen den Gitterstäben, szene aus dem vampirfilm "the hunger" mit david bowie und catherine deneuve aus dem jahr 1983.

"bauhaus" sprengten ende der siebzigerjahre in england das
punkrock-korsett, mischten glamrock-elemente, jede menge bass und eine unnahbare attitüde hinzu - und wurden auf diese weise mit weggefährten wie "southern death cult" (später "the cult"), "danse society", "alien sex fiend" und "the virgin prunes" zu den begründern der gothic-rock-szene, die ihre heimat vornehmlich im londoner batcave club fand.

so weit, so gut, lange her, das. "bauhaus are dead" - kapitel
abgeschlossen. das galt - mit ausnahme einer "best of"-veröffentlichung und einer reunion-tour 1998 - seit 1983, als die letzten studiotöne der band erschollen. schon die römer sagten "de mortuis nihil nisi bene" (über die toten nichts, wenn nichts gutes). seit kurzem stellt sich aber doch wieder die frage, ob "bauhaus" nun wirklich mortuus, dead, tot sind - oder eben doch undead. denn es gibt eine neue studioplatte, mit der sie nun allerdings endgültig den sargdeckel zuklappen wollen.

ob nun tot oder nicht: gutes kann man über "go away white" reinen
gewissens schreiben. ob die menschheit diese platte, die in nur wenigen
wochen in kalifornien aufgenommen wurde, wirklich braucht? wo doch die epigonen der epigonen der "bauhaus"-epigonen längst weg vom fenster sind und die heutigen goths mit dieser veröffentlichung wohl ähnlich viel anfangen können wie die heutigen ministry-Fans mit der ersten synth-pop-platte dieser band von 1983? wird offen gelassen. "bauhaus" waren schon damals vielen "schwarzkitteln" zu wenig eindeutig, weil weit weniger auf ihr genre festgelegt wie etwa "the sisters of mercy" oder "fields of the nephilim".
und jedenfalls hier bleiben sich "bauhaus" auch treu: auf "go away white" spielen sie routiniert mit ihrem image und bleiben unberechenbar. und wenn der alt-fan die insgeheim doch so erwünschten de´ja`-vu-momente kommen sieht, dann lässt sich zu den ansonsten "bauhaus"-typisch vertrackten "mirror remains" und "black stone heart" plötzlich mitklatschen bzw. mitpfeifen. überraschend unerwartet daher kommen auch das tanzbar glatte "adrenalin", das durchaus der spätphase der "sisters" entsprungen sein könnte, und "undone", das an bowies kurze new-romantics-phase erinnert, oder an "japan". der opener "too much 21st century" präsentiert "bauhaus" von ihrer eckigen, harten popseite und erscheint so als logische anknüpfung an ihren indie-hit "kick in the eye" - nur eben mit knapp 30 jahren verzögerung. "international bullet proof talent" und "endless summer of the damned" sind zwar längst kein mainstream-rock (soweit es das gibt), aber den beiden songs fehlt etwas die alte schärfe - ohne dass dieses manko mit neuen ingredienzen vollständig kompensiert werden könnte. "saved" ist eine dunkle ballade, die sicher zu den höhepunkten des albums zählt, aber keineswegs (wie verschiedentlich zu lesen) etwa an "dead can dance" erinnert, deren geniales "severance" "bauhaus" live coverten - dafür fehlt die berechenbare sakralität. düster-puristen werden
auch beim ähnlich berührenden "the dog's a vapour" mit stilbrüchen
vergrätzt. aber gerade auf diese weise zeigen "bauhaus" mit ihrem
unvermittelten gruß aus der kalifornischen sonne den aktuellen verfechtern der szene, was eine harke ist.
der rausschmeißer, das sinnierende "zikir", besteht in seinem text zu
90 prozent aus der überlegung "loves me - loves me not". lieben muss man diese platte nicht, aber "bauhaus" haben sich alles andere als blamiert, they "go away white" (ziehen also mit weißer weste von dannen) und können erhobenen hauptes endgültig in den sarg steigen: zu den ewig untoten.

(büchner)