depeche
mode : playing the angel
bereits erschienen (mute/emi)
1990
begann für mich so eine art neues leben. ein leben mit popkultur
und kulturkonsum jenseits von staatlich organisierten jugendklubs
und geschmuggelten platten. der osten lag jetzt woanders, ich bewegte
mich steil auf die pubertät zu und depeche mode veröffentlichten
mit "violator" das düstere tor zur zeitenwende.
schwarzgekleidete lederjackenträger mit gegeltem haar wogten
im gleichschritt ins zeitalter der digitalen musik und machten mir
angst. ich war definitiv nicht bereit, mir die welt aus den leidgetrübten
augen dieser "kultband" zeigen zu lassen. ja, ich hatte
eine behütete kindheit. 15 jahre nach "enjoy the silence"
hatte mein persönlicher existenzialismus die schnittmenge mit
depeche mode gefunden, da rankten sich bereits 10 alben und diverse
mythen um die synthi-pop-pioniere.
"playing the angel" ist somit die erste veröffentlichung,
die sich mit erwartungen meinerseits belegt sieht, übergeht
man einmal die solo-aktivitäten von mastermind martin gore
und sänger dave gahan. im gegensatz zu "exciter"
ziehen depeche mode wieder deutlich im tempo an und geben sich traditioneller
wie auch konventioneller. das ist nicht zum schlechteren, bedenkt
man, dass das hitpotential des spätwerks nicht über "it’s
no good" hinausging. anteilig zu verantworten scheint das
produzent ben hillier (doves, blur, suede, elbow), der eine "vorliebe
für analoge synthesizer" hegt. von der gestaltung erinnert
"playing the angel" am ehesten noch an "black
celebration", ohne diese ganz zu erreichen. es ist eben ein
anderes jahrzehnt und auch depeche mode haben elektro und techno
an sich vorbeiziehen sehen. "john the revelator" klingt
anfänglich, als interpretierten depeche mode einen oasis song,
wird dann aber zu einem, wenn nicht dem originärsten song der
platte. computer bleeps und industrielle störgeräusche
werden großzügig gestreut (in "the sinner in me"
zum beispiel schleppt sich daves stimme über ein schlachtfeld
von samples) und ein zuviel der effekte läßt mich nach
minimalisierung verlangen. die erste single "precious"
hingegen ist mit schönen sounds zu piano zielstrebig ausgebügelt.
mit "i want it all", "suffer well" und "nothing's
impossible” steuert erstmals frontmann gahan drei stücke
bei, die, wie befürchtet, zu den unspektakuläreren gehören.
martin gore wiederum singt auf das verkünstelte "macrovision",
dass ich mir die ohren zuhalten möchte. somit wird "playing
the angels" zum selbstversuch mit bewußten momenten
der sicherheit. ein guter kompromiss jenseits der gefälligkeit
und das gefällt mir in meinem erwachsenen existenzialismus.
(ww)
http://www.muteplayground.de/depeche-mode/
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