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plattenkritik

egotronic : IV & frittenbude : nachtigall
beide bereits erschienen, (beide audiolith/broken silence)

das hamburger label "audiolith" stellt so ein bisschen sowas wie den hype der stunde dar. das mag negativer klingen, als es gemeint ist; denn hier werden einfach gestrickte elektrotracks mit gehöriger punkattitüde und einer ordentlichen portion subversion serviert. die zuletzt schwer angesagte melange aus alternative und elektro, wie sie von labels wie "ed banger" oder "kitsuné" zelebriert werden, wird auch hier vorangetrieben und – wichtig! - mit eigenem charme versehen. nach musikalischen achtungserfolgen durch acts wie "plemo", "clickclickdecker" (musikalisch eigentlich eine andere baustelle) und eben der hymne "raven gegen deutschland" von "egotronic" konnte das label unter anderem beim anarchischen parkplatzrave auf dem diesjährigen, sonst eher kritisch beäugten, melt-festival punkten. das lebensgefühl einer linksorientierten, hedonistischen Partygeneration scheint getroffen. für mich waren die audiolithacts immer etwas, das live deutlich besser funktionierte als auf platte gepresst.
jetzt ercheint ein doppelrelease von "frittenbude" und eben "egotronic". und "egotronic" knüpfen eigentlich dort an, wo sie zuletzt aufgehört haben. elektronische stampfbeats im lofi-gewand. wer eine dicke produktion erwartet, wird hier sicherlich enttäuscht werden. dafür gibt es eine fülle von features, die das gefühl vermitteln, dass es sich bei den acts des labels wirklich um eine art kollektiv handelt (es finden sich unter anderem "the dance inc." und "rampue" auf der platte). zudem erwähnenswert ist die beteiligung von hardcorelegende wally schreifels ("gorilla biscuits", "youth of today" und "quicksand") auf dem track "kotzen". dieser song stellt für mich das zentrale stück der platte dar. hier findet eine auseinandersetzung mit dem erfolg und den konsequenzen von "raven gegen deutschland" statt. wer das so alles mitgröhlt auf irgendwelchen studenten- und abiparties konnte einfach nicht dem geschmack der band entsprechen. ob die art der auseinandersetzung gelungen ist und ob die antideutschen slogans inhaltliche qualität besitzen, will ich jedem selbst überlassen. dass die folgen dieses songs auf der platte reflektiert werden, verdient aber auf jeden fall respekt.
mein persönlicher liebling ist der letzte track, der einen erzähler über einen technobeat in bester adolf-noise-tradition zu bieten hat. die geschichte, die erzählt wird, handelt von nichts anderem als einem typen und seinem drogenkonsum während er mit seinen kumpels auf feiertour unterwegs durch berlin ist. ein track, der, wie so vieles auf der platte, zeigt, dass "3 tage wach" eine deutliche spur bei den jungs hinterlassen hat. und feiern ist die oberste maxime.
alles in allem muss ich aber sagen, dass ich von der platte etwas enttäuscht bin. zwar gibt es ein zwei sehr gute tracks, die mir schon viel spaß bereiteten, doch die großen kracher fehlen leider. textlich teilweise etwas zu verkrampft und einfallslos, musikalisch manchmal etwas arg unambitioniert erscheint mir das ganze auf albumlänge. aber gut: "egotronic" waren schon immer eine liveband. da dürfte das ganze um einiges mehr spaß machen. und eine gewisse schludrigkeit dürfte einfach zum inhaltlichen konzept der band passen.

ganz anders zur sache gehen die jungs von "frittenbude". gleich der opener "hildegard" hat das zeug für die nächste große hymne aus dem audiolithlager. "für mich solls heute acid regnen!" in anlehnung an die knef heißt es über einen wahnsinnig pumpenden beat. und ohne pause geht es gleich weiter in die nächsten tracks. in den meisten geht es auf rotzige art um drogenkonsum, pandabären und schnitzel. und so wird die platte in einer mischung aus elektonik und stärker gitarrenorientierten sounds durchgepeitscht. das ganze erinnert mich musikalisch stark an bands wie "mediengruppe telekommader" und "the faint". schon die ersten reaktionen, die ich in einigen clubs erlebt habe, dürften gute hinweise darauf sein, dass "nachtigall" das zeug hat richtig durchzustarten.

(andré-florian kobus)