home                                     club        musik        konzerte
plattenkritiken | popnews | interviews | popclassics | clubplaylists | plattenlabels

plattenkritik

giovanni ferrario : headquarter delirium
v.ö.: 25.04.08, (solaris empire/pocket heaven/broken silence)

es gibt eine italienische undergroundszene. von dessen bestehen wissen zwar selbst vor ort ansässige indienerds nichts, aber das tut der musik, die aus dieser szene kommt, keinen qualitativen abbruch. giovanni ferrario ist jemand aus dieser kleinen kulturnische, einer der wenigen, die es geschafft haben, im europäischen und sogar transatlantischen ausland auf sich aufmerksam zu machen. nach drei projekten mit ausländischen musikern unter dem bandnamen "micevice" arbeitet ferrario mit john parish und pj harvey zusammen. mit nennung dieser musiker sind auch schon die wohl wichtigsten, zumindest aktuell wichtigsten, einflüsse auf ferrarios erster soloplatte beschrieben. insbesondere der beginn von "headquarter delirium" erinnert an john parishs atmosphärisches meisterwerk "how animals move" von 2004. klangwelten bauen sich auf, aus denen immer wieder einzelne klänge von trompeten, piano und xylophon ausbrechen. ferrario spielt mit den instrumentalen möglichkeiten des mediums, ohne die übersicht zu verlieren. seine experimente sind feinfühlig kalkulierte arrangements, denen der gesang ersteinmal untergeordnet ist. das ist die stärke von ferrarios platte, diese fähigkeit psychedelischen rock mit reminiszenzen der 60/ 70er jahre in eine delirische verbindung zu bringen. wenn sich jedoch im laufe des langen albums diese psychedelischen passagen auf den gesang ferrarios übertragen und das songwriting und der gesang gegenüber der musik in den vordergrund rücken, verliert ferrario die harmonische balance zwischen musik und gesang. das ist keineswegs abwertend gemeint. ferrario scheint eher der realität tribut zu zollen, wenn er in stetiger wiederholung "the war is over now" ins nichts hinein singt. alles in allem eine mehr als lohnenswerte platte, die insbesondere durch den sicheren umgang mit musikalisch anspruchsvollen arrangements besticht.

(jf)