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plattenkritik

jarvis - jarvis
bereits erschienen, (roughtrade/sanctuary)

manche leben passen in die form einer pralinienschachtel, andere in die form einer jarvis cocker platte.
frontmann einer kultband auf solopfaden, das sorgt immer für aufregung. um mr. pulp ist es in den letzten wochen verhältnismäßig ruhig geblieben, was vor allem an jarvis cocker selbst liegen mag. kaum interviews, dezente presse- und promo-arbeit, wenige exklusive konzerte in london und paris. ach ja, cockers neue heimat inklusive familiärer lebensumstände könnte als kultureller grund für die entspannte haltung spekuliert werden. aber warum hat er denn nun doch nicht die arbeit an den nagel gehängt? wurde es nach der baby-pause langweilig, fehlt das geld für noch mehr berühmten nachwuchs oder kann das künstler-ego einfach nicht anders?
dem deutschen gq erklärte jarvis, dass die bewusste entscheidung, dem musikerdasein ein ende zu setzen, vom unbewusst plötzlich sprudelnden quell an inspiration außer kraft gesetzt wurde. zudem wollten all diese gefühle verarbeitet werden und das geschieht für jarvis natürlicher weise durch das schreiben von songs. bezaubernden songs. allein schon der opener "don’t let him waste your time" richtet in bester pulp-manier jede frau auf dem irrweg der suche nach ihrem prinzen moralisch auf. was soll sie auch mit diesen inkompetenten bauerntölpeln, wenn es doch köng jarvis gibt. "black magic" enttäuscht etwas mit wenig originellem "crimson&clover" abklatsch, aber mit "heavy weather" folgt umgehend ein ausgefeiltes pop-singalong, das vor optimismus nur so strotzt. auch auf die herrlich ironischen milieustudien müssen wir nicht verzichten und jarvis cremig schwelgerische intonation gleitet durch das pulp-typische versmaß, das es sehr entspannt angeht.
einmal muss man sich die ohren reiben und mit erstaunen feststellen, dass cocker auch so richtig sadistisch über dicke kinder abrocken kann. "fat children" ist damit auch ein unumstrittener höhepunkt des albums, genau wie das kontrakonzeptionelle "big julie", bei dem jarvis zum märchenerzähler am piano mutiert. was sich auf frühe hörerfahrungen noch nicht erschließt, ist der umstand, dass "jarvis" ein klassisches, wie originelles und vor allem facettenreiches werk ist. wer dem nicht glaubt, der hört sich am besten als erstes den finalen song "quantum theorie" an, denn dafür fehlen mir schlichtweg die worte.
(ww)