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plattenkritik

jens lekman : when i said i wanted to be your dog
+ you are the light ep
bereits erschienen (secretly canadian / cargo)

nur 3 e.p.s ("maple leaves", "rocky dennis", "you are the light") hat es gebraucht, um den jungen schweden in jenen nebel zu hüllen, aus dem legenden und mythen hervorgehen.
"erst 21 jahre alt... mehr als hundert songs soll lekman schon geschrieben haben... sieht so hübsch aus wie morrissey..." munkelte die frankfurter rundschau. an anderer stelle wird er mit truffaut's "the man who loved women" verglichen, weil kaum ein musiker vor ihm bereits in der blüte seiner jugend so viele songs (quasi jeden einzelnen) dem weiblichen geschlecht oder eben gewissen namentlich erwähnten oder namenslosen frauen gewidmet hat.
seine musen heißen lisa, silvia, julie oder sara und sind göttinnen. sie sind nicht nur inspiration, sondern lebensinhalt, sinn. lekman schöpft aus begegnungen, begebenheiten, scheint seine biographie daraus zu bauen, oder sind all diese schönen worte produkte einer blühenden phantasie. umschwärmeter frauenheld oder einsamer schwärmer? wer ist jens lekman?
das portrait des inzwischen 23jährigen aus göteborg, welches das cover des debut-albums ziert, zeigt ein wahrscheinlich blasses gesicht (schwarweiß-fotographie) mit zarten zügen, wohlproportioniert, aber zu sehr kindchenschema, um sexy zu sein. das dürftige haar wild aufgeworfen, augen wie schneeglöckchen, der mund leicht geöffnet. nein, so ganz mag dieses bild nicht zu der musik passen, die den cosmopoliten sophisticated dandy vermuten lässt, in jeder stadt eine andere und ein buntes tagebuch voller romantischer geschichten in der tasche. die songs zu den geschichten entstanden zwischen 2000 und 2004 und werden all jenen munden, die heimlich auf die carpenters oder ganz offiziell auf the magnetic fields, divine comedy, belle and sebastian rufus wainwright stehen.
los geht's gar wie auf einer b-seite von talk talk, bis in "tram #7 to haven" harfe, glockenspiel und orgel einfach zu sehr übertreiben, um noch dem talk talkschen ernst gerecht zu werden. es folgt das geburtstagsständchen eines überschwänglich verliebten, der keinen schmerz kennt. "drinking cheap wine to bossanova, you're a supernova in the sky". "you" oder "sie" muss eine brasilianische schönheit sein, bei welcher unser junger schwede mit karibischem flair und in der tradition des schlagers eindruck schinden will.
vom zuckerhut geht's weiter in die baumwollfelder louisianas und hier darf "die frau" sogar mitsingen, wenn es um die strassenkämpfe geht, die gewiss metaphorisch zu verstehen sind. "i'm not a political fighter, not even have a cigarette lighter, but i wanna see that fire burn down the avenue". und dann kommt die hitsingle "you are the light", die jens in den schwedischen charts-himmel katapultierte. nicht dass das nicht schon anderen komischen käutzen gelungen wäre (etwa the ark), die schweden sind eben ein drolliges volk, das sich für romantisch-schwelgerische musik im glamourösen spektrum ohne scham zu begeistern weiss, aber dieser choral aus fanfaren, handclaps, frauenchören, querflöten und mundharmonika huldigt auf nie dagewesene art und weise aller dekadenz. deshalb darf jens in song #5 auch etwas schlichter und erstmals schmerzvoll werden und beinah wie elton john am piano vor sich hin pfeifen. weiter führt uns sein weg von den schmalzigen klängen einer mittelmeer-mandoline zu den "kalten schwedischen wintern" in denen lekman cliff richard- und lou reed-zitate heranzieht, um sich das leben zu erklären, und auch david bowies "little china girl" geschickt mit einem "tschhhh" unterbringt. die nächsten drei lieder überspringe ich kommentatorisch, obwohl "psychogirl" auch der titeltrack eines ebensolchen kinostreifens sein könnte und mit dem knarzenden geräusch einer alten schallplatte unterlegt mein kulturwissenschaftlich auf dekonstruktion getuntes hirn zu höhenflügen animieren könnte. und zu guter letzt schafft es jens lekman auch noch, den rückschluß vom ende auf den anfang zu ziehen, und mit hilfe zweier plastiktüten, einer knutschpartnerin und eines gotteshauswürdigem instrumentarium in den himmlischen dunst zurückzukehren. ich kann mich der allgemeinen begeisterung nicht entziehen und nehme gleich noch einmal die tram nummer 7, um jens lekman in sein himmelreich zu folgen.

die kurzform des kuriosums lekman bietet sich auf der dritten e.p. "you are the light" inklusive besagter hit-single und noch mehr streichern, handclaps und mundharmonika, dem textlichen esprit eines neil hannon und eines gesangs, der sich nicht zu schade ist, die höhen und tiefen zu verfehlen. mit einer "my girl"-melodie und einem mambo auch unbedingte ergänzung zum album.
(ww)