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plattenkritik

kante : kante plays rhythmus berlin
bereits erschienen (labels)

innerhalb von drei jahren veröffentlichen kante mit „kante plays rhythmus berlin“ ihr drittes studioalbum. das ist eine beachtliche bilanz, lagen doch zwischen ihren ersten drei platten noch gute sieben jahre. beachtlicher ist jedoch die qualität und die vielfalt, die die musik der hamburger band auszeichnet. war „zombi“ noch von einer spährischen atmosphäre irgendwo zwischen malewitsch und marinetti geprägt, und „die tiere sind unruhig“ eine wütende bestandaufnahme der heutigen zeit, so musste man sich fragen, was folgen würde.
„kante plays rhythmus berlin“ ist ein projekt peter thiessens mit dem friedrichspalast berlin: es ist der soundtrack zu der dort angelaufenen revue „rhythmus berlin“, angelehnt an den stummfilmklassiker walter ruttmanns: „berlin – sinfonie einer großstadt“. ruttmann fängt in seinem film von 1927 ein berlin ein, das von technischen neuerungen erzählt, vom modernen verkehrswesen bestimmt wird und immer wieder in den maschinellen takt der zeit fällt. es ist die faszination an etwas neuem, die faszination am schauen, die einen von der ersten minute an gefangen nimmt: dort fährt man in einer fünfminütigen sequenz mit der eisenbahn nach berlin. das ist vielleicht schon einer der höhepunkte; dieses vorbeischnellen der vorstädte, bis das bahnhofsschild berlins ruhig abgefilmt die leinwand füllt.
die bedeutung die ruttmann dem sehen zumisst, widmen kante dem hören, was bei kompositionen für das theater keinesfalls verständlich ist. folgerichtig lautet die erste frage peter thiessens: hörst du es? ja, ich höre die einzelnen paukenschläge, die sich mit weiteren klängen langsam zu einer einheit formieren. wie ein vager herzschlag, der immer stärker an körperlichkeit gewinnt, wechselt thiessens stimme von anfänglicher monotonie zur emotionalen stärke; eben dann, wenn die musik sich zu einer ganzheit formiert und kante einmal mehr andeuten, welch eine bedeutung klangwelten in ihrem oeuvre zukommt. bereits jetzt weiß man, dass dieses album der letzten platte um längen voraus ist.
nach nur vier minuten, dem prolog, sind wir in berlin angekommen und anders als bei ruttmann warten auf den hörer nicht maschinelle rhythmen sondern die vitalität einer metropole, die von revue theatern lebt (die alten gespenster), swing & jazz gebiert und in deren ecken die mecki messer lauern (trotz all der zeit). großartig!
(jf)