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plattenkritik

kettcar - von spatzen und tauben, dächern und händen'
erscheint 07.03.05 (grand hotel van cleef / indigo)

über kaum eine band wurde in meiner wahrnehmung in letzter zeit so oft kontrovers diskutiert, wie über kettcar.
zuviel hatte ich schon im vorwege des nun zweiten studioalbums gehört und
letztlich ist es eh unglaublich schwer eine band objektiv beurteilen zu können, von denen einige zum bekannten-wenn nicht sogar freundeskreis gehören.
also, ich nehme mal die 'hamburger schule-brille ab', lasse 'von spatzen und tauben, dächern und händen' (kann mir mal jemand diesen komischen subkreativen titel erklären?) tagelang in verschiedenen lautstärken durch meine gehörgänge fließen.
wann kommt der moment, wie bei ihrem ersten album 'du und wieviel von deinen freunden', wo es plötzlich 'klick' machte? leider fehlanzeige!
je öfter ich mir das neue werk anhöre muß ich unterschwellig an michi
reincke, purple schulz und das panikorchester denken. um himmels willen, täuschen mich meine musikalischen instinkte so sehr, oder haben kettcar diesmal doch ein wenig zu sehr in der ollen deutschrock-kiste gewühlt? nein es ist nicht rock, sondern das neue album wahrt weitgehend die form des freifließenden popsongs.
kein gift, kein zynismus, der sich zumindest mir schnell erschließt und auch keine kanten zum reiben und aufregen.
wie soll bitteschön der gemeine musikfan aus pforzheim oder so da noch
unterscheiden können, das silbermond und juli ein "don't" sind und kettcar ein "do" ? bitte erkläre mir das einer mal?
nur weil die gecastet und aufgepuschelt worden sind? die behaupten auch allen ernstes, daß sie sich unglaubliche gedanken um ihre texte und weltanschaungen machen. egal das ist aber ein anderes thema....
nun, 'deiche' und das wirklich auch textlich tolle 'stockhausen, bill gates
und ich' retteten jedoch meinen ersten eindruck.
dennoch frage ich mich wohin kettcar eigentlich wollen. indiepop ist das wirklich nicht mehr, was auch gar nicht weiter schlimm ist, wenn man den totalen erfolg will und das publikum der sportfreunde und virginia jetzt! auf seine seite ziehen will. aber muß das der preis sein?
keine knarzigen gitarren mehr, da zerrt und rockt wirklich höchstens nur noch die geste auf der livebühne, aber das von sven meyer glattbegügelte zweite album verpufft in meiner obertöneratmosphäre. klar, marcus wiebuschs herrlich nölige stimme ist schon ein schönes markantes markenzeichen von kettcar und rettet in manchen songs das abgleiten in den totalen schmalz, wie z.b. bei 'die ausfahrt zum haus deiner eltern'. 'balu' aber lässt mich da erstmal tief durchatmen und erschrecken, wo dann zum glück 'stockhausen, bill gates und
ich' die ganze kiste auffangen.
immer wieder höre ich diese platte und plötzlich weiß ich was mich stört. es sind nicht die z.t. feinen texte und die songs, sondern diese nervige, weichspülende produktion ist es! dabei rocken die jungs doch live die möhre. warum dann auf dem tonträger diese doch arg offensichtliche weichheit?
ich bin mir sicher, das kettcars zweites album die meinungen vieler
spalten wird. vielleicht ist diese platte auch einfach zu "normal"?
meine erwartungshaltung lag zu hoch? mag sein, denn ihr erstes album
hatte mich seinerzeit sofort bei den eiern gepackt, wenn ich das mal hier so unverblümt sagen darf. es würde mich nicht wundern, wenn 'von spatzen und tauben, dächern und händen' chartet, denn dafür wurden zuviele radiokompatible kompromisse gemacht und irgendwo findet auf diesem tonträger ja dann doch jeder seine nische.
vielleicht ist es aber genau das was jensen von oma hans den jungs von grand hotel van cleef auf dem song 'gummiwände' vom neuen oma hans-album 'peggy' vorwirft?
ok, die anderen sind die bösen und wir hier die guten, oder wie muß ich
das jetzt verstehen? warscheinlich werden sich die songs live wieder
so bei mir verändern, daß ich damit ausgezeichnet klar komme, aber ein
bisserl mehr "rocken" hätte wirklich schon sein können.
also jungs, ich bin raus und freue mich auf regen diskurs an den theken
dieser stadt. wie sang norman blake seinerzeit doch so schön:
"everything flows"....
(benny)