les
robbespierres / melissa logan : l'amerique
bereits erschienen (buback)
der soundtrack einer 'propaganda operette' von angela richter und
ted gaier (goldene zitronen) ist das neueste werk von les robbespierres.
propaganda hat normalerweise das ziel, möglichst alle menschen
zu erreichen (vom koch über den müllmann, berufstaucher
und lehrer bis zum soldaten) und für eigene interessen zu gewinnen,
bzw. sie in diese richtung zu beeinflussen.
ob mit diesem radikalen konzept so viele menschen erreicht werden,
um an der grundüberzeugung der bevölkerung veränderungen
vorzunehmen, erscheint zweifelhaft. dazu ist l'ameriques thematische
vielfalt im inhalt, die fast an holy bible von manic street preachers
erinnert, und im künstlerischen ausdruck (spokenword-passagen
nach kafka, schmissige, wunderschöne schlager auf portugiesisch
sowie hektisch groovende punkstücke) zu anspruchsvoll und aufmerksamkeitsfordernd
(um das schreckliche wort 'anstrengend' zu vermeiden), um von menschen
verinnerlicht zu werden, die sich nicht ohnehin mit den künstlern
anfreunden können. so hat das album - ob gewollt oder nicht
- auch einen überfordernden und ausgrenzenden charakter.
also, keine revolution, aber vielleicht eine methode, menschen zum
nachdenken zu bringen. die inhalte drehen sich großteils um
lebensentwürfe in amerika und damit einhergehende unterdrückungsmechanismen,
wobei sich noch viel mehr bedeutungsebenen auftun, um ihnen hier
gerecht zu werden. man verfällt allerdings nicht in plumpen
antiamerikanismus. es gibt zum beispiel ein lied über die schwarze
freiheitskämpferin angela davis mit charakteristischem sprechgesang
von melissa logan (auch chicks on speed), die auch anderen stücken
ihren stempel aufdrückt, und ein sample einer berühmten
martin luther king-rede. das intensive hörgefühl, die
virtuose exzessivität und nervosität erinnern eindeutig
an die goldenen zitronen. kein wunder, schließlich hat ted
gaier auch produziert. alles in allem ist amerique auf jeden fall
ambitioniert, spektakulär und herausfordernd.
diese platte wird man zwar nicht zu vielen anlässen hören,
aber es ist unbedingt ein gutes gefühl, sie im plattenschrank
zu haben, da sie einen aufwecken und zum nachdenken bringen kann.
(jb)
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