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plattenkritik

liars - drum’s not dead
erscheint am 17.02.2006 (mute records)

gleich mal vorweg: ein album dieser art hinreichend ergiebig zu besprechen, ist eigentlich von vornherein zum scheitern verurteilt. die liars (angus andrew, aaron hemphill, julian gross), ursprünglich aus new york, nun nach berlin umgezogen, setzen mit ihrem inzwischen dritten album völlig neue maßstäbe, sowohl was das musikalische betrifft als auch das innere und äußere konzept. eine rezension für dieses gesamtkunstwerk (denn lediglich von einer cd-veröffentlichung kann hierbei nicht die rede sein) muss somit eher einem assoziativen brainstorming gleichen, als umfassende information bieten zu können.

die musik: zwölf songs, die jenseits von blinder kakophonie ein spannungsreiches soundgeflecht knüpfen, avantgardistische geräuschmusik im popformat. im mittelpunkt stehen dabei die drums, häufig zwei and der zahl, sie bestimmen den rhythmus, entfachen die zermürbende, höchst spannungsgeladene atmosphäre. obendrauf die schräge teils brachiale, teils sanfte gitarre, immer eindringlich, nie aufdringlich. das letzte stück dann der überraschend konventionelle popsong, harmonien, melodien, strophen. zitat angus: "dieses mal bestand die herausforderung für uns darin, die stücke einfacher zu halten, ein wenig traditioneller zu werden; was die leute überraschen dürfte."

das thema: "drum’s not dead" ist ein konzeptalbum. die beiden fiktiven charaktere "drum" und "mount heart attack" verkörpern zwei gegensätzliche pole an seinszuständen. "drum", der kreative geist, energisch und direkt, positiv konnotiert. daneben "mount heart attac", voller selbstzweifel und innerer zerissenheit. die songs beziehen sich durchgehend auf diese beiden charakterisierungen, die wohl gleichzeitig die inneren spannungen der einzelnen bandmitglieder ausdrücken sollen. zudem wird in dieser symbolik auch der umzug der band von einem musikalisch prägenden geographischen zentrum in das nächste verarbeitet.

die videos: das eigentliche kernstück dieses albums besteht aus dem unglaublich umfangreichen videomaterial, das mitgeliefert wird. sowohl julian gross, als auch angus andrew und der bereits in oberhausen ausgezeichnete kurzfilm-regisseur markus wambsganss visualisieren jeweils das gesamte 47-minütige songmaterial auf völlig unterschiedliche und jedes mal faszinierende weise. während julian gross zwischen kleinen geschichten (z.b. animierte puppen auf erkundungsreise, die tragödie um eine zahnbürste) und artifiziellen performance-clips wechselt, entwickelt sich die ganze dramatik um "drum" und "mount heart attack" bei angus andrew in form einer schnecke, die für zwölf songs durchs bild glitscht. markus wambsganss bedient sich bei seinen interpretationen der songs jeder menge für musikvideos typischer stilmittel, schneidet auf takt, setzt musikalische stimmung in farbe und licht um, lässt musik und bild zu einem synästhetischen ganzen verschmelzen.

"drum’s not dead" ist harte kost, sehr durchdacht und konzeptionalisiert, aber gleichzeitig sehr liebevoll umgesetzt, angereichert mit jeder menge humor und phantasie. ganz und gar ein fest für die sinne.

(torben deinert)