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plattenkritik

!!! - louden up now
bereits erschienen (warp / rough trade)

in new york ist das rhythmische bewegen zur musik in genau den öffentlichen räumen verboten, die eigens dafür geschaffen wurden. clubs brauchen eine "lizenz zum tanzen" und die ist teuer. dem konservatismus und kontrollwahn dieser ach so typisch amerikanischen politik begegnet die popkultur mit strategien der subversion, oder mit direkter konfrontation. !!! starteten im letzten jahr mit "me and giuliani down by the school yard (a true story)" einen 9 minütigen angriff auf die staatliche willkür, indem sie einfach kein stillstehen zuließen. "bewegt euch, verdammt nochmal, ihr könnt es doch!", unter diesem slogan kann man auch ihren live-auftritt im logo letzte woche zusammenfassen. in 20 minuten peitschten sie die hälfte des hamburger publikums von 0 auf 100, bis die nur noch mehr wollten.
"if this don't make you move, then nothing will" lautet die klare ansage nic offer's schon im ersten stück auf "louden up now" und tatsächlich bleibt dem zuhörer beim elektro-funk-punk von !!! nichts anderes übrig. da gehen sozusagen gang of four in die disco, treffen dort die talking heads auf einen schwatz, gehaben sich wie die happy mondays und flirten mit can, denen auch ein song auf "louden up now" gewidmet ist. dabei begegnen sie uns wie ein dj-set und wenn sich bläsersätze und bongos dazugesellen, wie eine öffentlichen jamsession am strand kaliforniens. auch wenn die meisten bandmitglieder ursprünglich aus sacramenton/kalifornien stammen, !!! sind unmissverständlich in den kontext "new york" und "gsl"-label (heimat von the rapture und the faint), wo sie 2000 ihr debut "!!!" herausbrachten, einzuordnen. eine kombination von warp und rough trade für ihre zweite veröffentlichung scheint durchaus plausibel, denn das ist dance-musik mit punk-attitude. so wettern !!! in "pardon my freedom" durchaus aggressiv gegen bush, fbi und kirche. direkte ansage zählt mehr, als der poetische anspruch von sprache. was nicht heißen soll, !!! hätten nur simple schlachtrufe zu schweißtreibenden grooves im sinn. "sometimes i could just kill for a good conversation" singt nic in "hello? is this thing on?", nur scheinen eben die wenigsten menschen etwas wichtiges mitzuteilen zu haben. statt hohler worte bedient sich die band lieber der rhythmischen kraft der sprache. die stimme als instrument darf auch mal ungescholten "i know you want more, i know you got it" singen, sie ist ebenso perkussives element, wie alle anderen instrumente bei !!! auch. das verleiht der musik eine äußerst ethnischen geschmack und wie stephan glietsch in seinem spex-artikel richtig bemerkte, ist bei !!! letztendlich alles rhythmus. und das führt finally auch zum befremdlichen namen der band, dem ich die letzten zeilen noch widmen möchte.
im film "die götter müssen verrückt sein" codiert die synchronisation das glucksenden kehlkopfgeräusch der afrikanischen eingeborenen (für uns nicht sprachlich, aber rhythmisch wahrnehmbar) in den untertiteln als "!!!". üblich ist dieser multible gebrauch des satzzeichens im westlichen kulturkreis nicht, in seiner dreifachen ausführung geht die bedeutung des ausrufezeichens aber über die nachdrückliche feststellung, aufforderung und direkte anrede hinaus. im literarischen gebrauch, etwa bei dramaturgischen anweisungen oder in elektronischen kurzmitteilungen postmoderner kommunikation, verdeutlichen mehrere hintereinandergeschriebene "!" den modus des schreiens. dabei macht die verwendung von mehreren ausrufezeichen die aussage nicht ausrufender sondern ausufernder, so die meinung von michael bauer (www.sockenseite.de). "drei ausrufezeichen", fuhr er fort und schüttelte den kopf. "sicheres zeichen für einen kranken geist.", so heisst es bei terry pratchett in "eric". vielfältig wie die lesarten des "!!!" sind auch die möglichkeiten seiner aussprache. "any three repetitive sounds", ist die vorgabe der band und deshalb bevorzuge ich anstatt des empfohlenen "chk chk chk" ein "uh uh uh".
(ww)