home                                     club        musik        konzerte
plattenkritiken | popnews | interviews | popclassics | clubplaylists | plattenlabels

plattenkritik

the marble man : sugar rails
bereits erschienen, (schinderwies/broken silence)

hätte ich vor dem ersten hören dieses albums nicht bereits auf das cover gesehen, hätte ich es für ein weiteres posthum veröffentlichtes album von elliott smith gehalten, vielleicht frühe demoaufnahmen neu abgemischt. dieser zerbrechliche gesang über zarten gitarrenklängen, mal melancholisch, mal ironisch, mal mit schlagzeug und e-gitarre aus der wohligen düsternis ausbrechend. "the marble man" beherrscht die gabe des songwritings nach anglo-amerikanischem vorbild in nahezu perfekter manier. als einflüsse nennt er "velvet underground" und leonard cohen, seinen namen hat er nico’s album "the marble index" entliehen, und nick drake ist natürlich auch einer der eckpfeiler seiner sozialisierung. wäre "the marble man" nicht 19 und käme aus oberbayern, man könnte ihn auch 30 jahre früher ansiedeln und 20 jahre älter schätzen. seine geschichte scheint die einer erfolgsstory zu werden: mit 18 nimmt josef wirnshofer auf dem dachboden seines elternhauses songs auf, schickt die demo-cd an den bayrischen rundfunk, dessen zündfunk-jury so begeistert ist, dass sie ihn auf das bavarian open air einlädt, auf dem er u.a. neben cat power und "the thermals" sein erst viertes konzert präsentiert und sich prompt einen plattenvertrag einheimst. es sei ihm gegönnt. seine songs suggerieren eine lebenserfahrung, die noch gar nicht vorhanden sein kann, bleiben dabei aber immer charmant, nie aufgezwungen oder peinlich. seine texte entbehren jeder naivität, natürlich geht es um große gefühle wie einsamkeit und selbstfindung – was vermutlich der kombination aus provinz und pubertät geschuldet ist –, aber stilistisch befindet sich wirnshofer eher bei der lyrik eines tom liwa denn bei den vielen plakativen polit-statements der aktuellen deutschen pickel-bands. elliott smith wäre stolz auf diesen jugen bayern, der sich nun vielleicht aufmacht, die welt zu verschönern. ich drücke beide daumen.

(torben deinert)