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plattenkritik

pulp - we love life (island/universal)
nach dem weggang ihres gitarristen und geigers russell senior enttäuschten pulp 1998 mit "this is hardcore", das nur wenige höhepunkte, wie den pathetischen titelsong, enthält - und das nach einem meilenstein wie "different class", der fast ausschließlich aus highlights besteht. die deutsche musikpresse, die die band bisher sträflich ignoriert hatte, stürzte sich mal wieder mit typischer verspätung auf das quintett um jarvis cocker und lobte das album unverständlicherweise in höchsten tönen. dementsprechend niedrig waren meine erwartungen an das neue werk, dessen erste fassung mit dem bisherigen produzenten chris thomas komplett verworfen wurde. statt dessen konnten pulp die lebende legende scott walker für die neuaufnahmen gewinnen. das ergebnis kann sich durchaus hören lassen. die zeit der glam- und disco-einflüsse aus den 70ern ist endgültig vorbei: der sound der band wirkt roher, ist aber nicht weniger aufwändig arrangiert - nur klingt es diesmal, bei walker nicht verwunderlich, nach den sixties. gleich der opener "weeds" überrascht: cocker singt die strophen so, als ob er frontmann der levellers wäre. dazu passt auch das crustie-thema der außenseiter und ein foto, das einen einsiedler im kanu zeigt. nach dem ersten schock entwickelt sich das ganze zu einem hymnischen rocker und mündet in das grandiose "weeds ii": endlich mal wieder ein gelungenes spoken-word-stück mit psychedelischer musik, bei der ausnahmsweise elektronische elemente dominieren. in verbindung mit cockers vortrag über die vereinnahmung alternativer lebensstile durch den mainstream wird diese einzigartige pulp-aura erzeugt, die ihre werke von 1992 bis 1996 auszeichnet. ebenso verhält es sich mit dem über acht minuten langen "wickerman", das in der tradition von pulp-epen wie "deep fried in kelvin" oder "david's last summer" steht. "bad cover version" ist leider zu kitschig geraten und weckt assoziationen an die zdf-hitparade, doch alle anderen songs können überzeugen: vor allem "the trees" mit zweistimmigem refrain (cockers hoher und tiefer gesang), die perlenden gitarren bei "bob lind" (mit schiefem streicher-arrangement) und das eingängige "the birds in your garden" (drei refrains in einem). das beste gibt's aber am schluss: das optimistische "sunrise" verblüfft mit mehreren crescendos und einem irren gitarrenriff. ein bezauberndes comeback. (roj)

diese kritik wurde uns von b-side zur verfügung gestellt (www.b-si.de). Danke !