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plattenkritik

saint etienne : tales from turnpike house
bereits erschienen (sanctuary records)

um es vorweg zu sagen: bob stanley, sarah cracknell und peter wiggs haben sich in den letzten fünfzehn jahren sehr verdient in der englischen, elektronischen popszenerie gemacht. nun, wo eigentlich keiner mehr wirklich ein neues album erwartet hat, kommen sie mit ihrem mittlerweile siebten studioalbum (compilation-albums ausgenommen!) aus dem untergrund daher und irritieren auf ganzer linie.
waren sie einst die vorzeige-elektropop-band des legendären creation labels und standen für den "indie-dance" auf europas indie-tanzdielen, scheint das nun vorbei zu sein, stattdessen wird der zuhörer mit easy listening in seiner softesten version überströmt. nicht dass saint etienne nicht schon immer popig waren, aber nun scheint die zeit der disco endgültig der vergangenheit anzugehören. storytelling mit cheesy-popig, kitschigem unterbau ist nun angesagt. die texte versetzen einen in den zustand, als würde man an einem sonnigen montagmorgen mit einem hubschrauber über london losfliegen und in die wohnungen aller sozialen schichten hereinschauen und beflissentlich sozialstudie bis in den späten abend betreiben. die songs bleiben bei mir auch nach mehrmaligem hören nicht hängen und so gerät mein hubschrauber bis zum zwölften und letzten song arg ins trudeln und fast wäre ich mit ihm abgestürzt. die versöhnliche a capella version des wunderschönen 'goodnight' mag mich versöhnen, kann aber meinen gesamteindruck aber auch nicht so richtig retten. das album ist abwechslungsreich, aber nichts mag sich so richtig bei mir einbrennen. muß man für so eine musik etwa immer verliebt sein, um sie richtig zu schätzen? ok, die drei sind keine zwanzig mehr, aber wieso muß es alles so konventionell klingen? wären die harmonie-akkorde nicht so gut, würden z.b. nummern wie 'a good thing' oder 'stars above us' den "konserventrashnummern" aus dem bubblegum-radio in keinster weise nachstehen! auf 'teenage winter' wird versucht frankophile pop-poesie à la serge gainsbourgh oder france gall einzufangen, was allerdings irgendwie aufgesetzt und unauthentisch auf mich wirkt. der eine oder andere wird diesen song warscheinlich dafür lieben. dieses album würde sicher einen duften soundtrack für einen filme noire oder eine tragik-komödie abgeben, aber songs, die sich fest brennen sind leider fehlanzeige. da zeigt sich besonders meine enttäuschung, wenn man bedenkt, daß sarah cracknell jüngst verkündete, sie sei der weltgrößte fan der doves und würde gerne so was wie die machen. saint etienne sind eben nicht tahiti 80 oder phoenix und schon gar nicht air, die immer wieder mit neuen sounds und arrangements überraschen können. sie scheinen soundtechnisch 1993 stehengeblieben zu sein. das ist schade, denn ein paar gute songs haben sie auf jeder platte immer noch.
wahrscheinlich werden eingefleischte fans auch diese platte lieben, aber meine liebe scheint leider ein wenig eingeschlafen zu sein. alles zu gleich und zuwenig weiterentwicklung. also stelle ich 'tales from turnpike house' in mein plattenregal. gleich neben 'fox base alpha' und werde sie mir vielleicht irgendwann noch mal schön-hören müssen.
(benny ruess)