sufjan
stevens : seven swans
bereits erschienen (rough trade / rough trade)
fiktive
doppelgänger, das seelenleben, der ursprung der seele, geister
und mystik, fantastische geschichten und biblische bezüge,
all das beschäftigt die modernen geisteswissenschaften in der
rezeption ihrer zu behandelnden werke und findet sich bei sufjan
stevens wieder.
rosetti, vertreter der englischen avantgarde, suchte nach einer
möglichkeit die stimme bildlich darzustellen und den geist,
die seele, seiner selbst, des künstlers, über den tod
hinaus weiterleben zu lassen. die angst, in vergessenheit zu geraten,
wird bei ihm zum antrieb des suchens und findens. doch die seele
als unfassbares, nicht zu definierendes objekt, scheint nicht darstellbar
und dient paradoxer weise eben wegen dieser scheinbaren unmöglichkeit
dem künstler als grundlage, sich mit hilfe der phantasie eine
art darstellbare seele zu ersinnen. so entstehen bilder, geschichten
bauen sich zu komplexen szenarien auf und rütteln an den grenzen
zur wirklichkeit. phantasie beinhaltet auch immer etwas von einer
abwesenden, einer traurigen, da träumerischen, realität.
'seven swans' handelt, wie auch schon der titel vermuten lässt,
vom märchenhaften. zwei welten schafft der in amerika lebende
stevens: die real- und die traumwelt. seine texte, die ein verhältnis
von gott, rationalität und übernatürlichem suchen,
finden keine eindeutige antwort und antworten doch rational und
mit bibelgewandten belegen.
da verwandelt sich der vers 'seven swans, seven swans, seven swans'
in der zweiten strophe des gleichnamigen liedes zu, 'seven horns,
seven horns, seven horns'. die apocalypse hält einzug und die
nüchterne erkenntnis über den tod, 'he will take you.
if you run, he will chase you. he is the lord' lässt die zuvor
aufgebaute märchenwelt vergessen.
dieses träumen, herumirren, zwischen kunst und leben, realität
und traum setzt stevens in elegische klänge mit banjo und gitarre
um. ein wenig weltentrückt wirkt dies, bildet einen schönen
kontrast zu den rationalen gedanken des albums und den irdischen
zeilen von blake und o' connor. die stimme des achtundzwanzigjährigen
erinnert an die sanften und rauen töne des bright eyes albums
'lifted'. in der konsequenz erschafft stevens musik für träumer,
so bitter seine rationalen schlußfolgerungen auch seien mögen.
pessoas behauptung, kunst sei die vernichtung von leben, zerfällt
in stevens liedern in die pro und contras dieser provokanten these.
auf der rückseite des albums sieht man die zeichnung eines
farmhauses, vor welches der schatten einer, die szenerie photgraphierenden,
person fällt. als photograph, bildinhalt und möglicherweise
doch fremdkörper (denn wer weiß, ob der schatten nun
zum zeichner selbst gehört, zeichner und photograph ein und
die selbe person sind?) verschwimmen die grenzen von musik, bild
und text und das wirkt ein wenig beruhigend, nach dem stets rationalen
erwachen aus all den märchengeschichten.
(jf)
|
|