plattenkritik
the
immediate : towers and clouds "denken
ist wundervoll, aber noch wundervoller ist das erlebnis",
so der große oscar wilde. trotz ihrer allgemeingültigkeit
gelten diese worte vor allem für die jugend. the immediate
aus dublin sind anfang zwanzig und begreifen ihr debutalbum dann
auch als bunte odysee durch die unendlichen möglichkeiten der
popwelt. eifrig tauschen die vier jungs auf "towers and clouds"
ihre instrumente hin und her. selbst das mikrofon wird ständig
vom einen zum anderen bandkollegen weitergereicht. dadurch entsteht
eine unruhe, die es schwer macht, einen roten faden zwischen den
elf songs zu finden. das ist ganz sicher so gewollt, führt
aber zu erheblichen irritationen. der gesang gerät bisweilen
bedenklich in die nähe eines kelly jones, während gleichzeitig
die ausufernden melodiebögen von den talking heads bis zu muse
reichen. man wird einfach das gefühl nicht los, dass der unbestrittene
ideenreichtum des quartetts ihnen allzu häufig im weg steht.
am ende scheitern sie das ein oder andere mal, etwa bei "lonely,
locked up" oder "let this light fill your eyes",
vierzig jahre musikgeschichte in dreieinhalb minuten unterzubringen.
am überzeugendsten sind the immediate dagegen gerade immer
in jenen augenblicken, in denen sie sich gänzlich treiben lassen.
das ungestüme "don’t you ever" hat das potential
zum echten clubhit und der bläserinfizierte flirt mit dem swing
in "big sad eyes" ist vielleicht der beste scouser-song
der letzten jahre, den the coral nicht selbst geschrieben haben.
es finden sich insgesamt aber leider zu wenige solcher momente,
um "towers and clouds" zu einem wundervollen erlebnis
zu machen.
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