tigerbeat
die erste : ein abend im privatclub
kreuzberg - 15.11.03 kurz vor mitternacht
ein beat, ein schrei und mittendrinnen sind wir im schlaglicht der
'13 songs', die heute zum vorabhören dem berliner publikum
dargeboten werden. 'lowdown' könnte das 'sweet love' des neuen
tigerbeat-albums werden, welches am 1.12. via buback veröffentlichung
findet. beneidenswert, wer einem elenden gefühl mit solch energie
antworten kann und dabei auch noch einen ohrwurm hervorbringt, der
sich durch den ganzen körper windet und dann in den beinen
festsetzt. kein langes zögern, die ersten reihen zucken bereits.
ebenso die hüften frehn hawels und der, meine damen und herren,
ist einer der wenigen deutschen sänger, die sich englischsprachigem
ausdruck so waschecht bedienen, dass der zuhörer nicht ins
grübeln gerät, warum denn da ein landsmann nicht auf deutsch
singt.
tigerbeat suchen live einen vergleich und brauchen diesen auch nicht
zu scheuen. mir fällt dazu immer noch die john spencer blues
explosion ein, auch wenn die hamburger diese assoziation satt haben
und zudem mehr harmonien transportieren, im musikalischen sinne
wie auch in ihrem auftreten. schwarz ist die farbe der einigkeit,
vom scheitel bis zur sohle. das sieht immer gut aus; da kann man
nichts falsch machen und auch sonst wirkt die band trotz warmem
sounds überraschend unnahbar. so hatte ich das von den letzten
konzerten in hamburg nicht in erinnerung. mir kommen die worte aus
dem promotext der plattenfirma ins gedächtnis, die da lauten:
'sex on a stick'. sex hin, sex her, aber am stock?!
tigerbeat sind cool wie plexiglas. man könnte ihnen daraus
ein denkmal gießen oder sie hinter einer wand aus eben solchem
spielen lassen, oder (meine phantasie geht mal wieder mit mir durch)
in einem basin aus diesem transparenten, strapazierfähigem
material, das mit wasser gefüllt ist. ...dann würde das
wasser nach einer weile in den gasförmigen zustand übergehen,
vielleicht in dem moment, da drummer sven elsner anfängt, ein
kleidungsstück nach dem anderen abzulegen, bis er mit freiem
oberkörper dasitzt,* oder, als sich zaghaft ein lächeln
nach dem anderen in den gesichtern von daniel schlott (gitarre)
und stefan nielsen (tasteninst.) abzeichnet. da sind sie ungefähr
bei der hälfte des sets angekommen und ich bin an dieser stelle
überrascht, wie gut die ruhigen stücke live funktionieren
(wunderschön, auch ohne streicher:'yours sincerely'). bei dem
tempo, das tigerbeat üblicherweise vorlegen, befürchtete
ich, daß in der progression des gigs kein halten möglich
sei. gefehlt: richtige geschwindigkeit, großes gefühl.
danach kommt das cover-quiz, das einigen noch vom letzten hamburgauftritt
geläufig sein müsste, und berlin schweigt. ob '....' (ich
will an dieser stelle das akustische rätsel nicht auflösen,
falls beim konzert im indra wieder die frage gestellt wird: 'von
wem ist das original?') nun wirklich niemand erkannt hat, oder berlin
zu cool war, bleibt unbeantwortet. für frehn ist das jedenfalls
ein 'tragischer moment' und er will alle merch-artikel mit 2 euro
bußgeld belegen. ich leiste mir im dunkel des kellers einen
freudschen verschreiber und notiere 'ein magischer moment', was
auch durchaus passend war, denn nun spielen drei gitarren zum opener
des neuen albums 'doin'time' und das klingt so roh und satt, was
sich herrlich am dreistimmigen gesang bricht. die jungmännlichen
zuschauer an der front, die schon zuvor fleissig die luftgitarren
schwangen, lassen sich zu lauten ausrufen hinreißen, wie etwa:
'schlagzeug of the year', 'macht uns fertig!' oder 'mehr schweiß!',
und auch die damen zappeln verzückt zu 'troubled man'. irgendein
impuls hat das plexiglas zum schmelzen gebracht.
für hamburg sage ich euphorie voraus (man erinnere sich des
konzertes vom 31.1. im schlachthof - ein schnellkochtopf voller
köstlichkeit) und wünsche mir eine doppelzugabe mit 'beat
me till i understand' und
'come on'.
tigerbeat spielen am 29.11. im indra und
am 2.12. einen schaufenstergig bei michelle.
*eine fußnote muß an dieser stelle eingefügt werden:
ein mann mit solch einem prächtigen bart wie sven ihn trägt,
ist nie wirklich nackt. später erzählt mir sven, er habe
in seiner kurzhaarphases dieses jahres das gefühl gehabt, mit
dem bart auch die kraft des intensiven schlagzeugspiels, wie wir
es kennen, verloren zu haben. nun denn, samson ist wieder so haarig
und so stark wie zuvor.
(wibke
wetzker)
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