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plattenkritik

tortoise and bonnie prince billy : the brave and the bold
bereits erschienen (domino/rough trade)

meine geschichte mit dieser platte beginnt am 1. april 2005 auf der introseite. meine helden will oldham aka bonnie prince billy und tortoise wollen zusammen songs aufnehmen. in meinen ohren rauscht blut und ich lese die überschrift mehrfach. das klingt nach allem was ich mir immer gewünscht habe. aber dann kann ich mich wieder konzentrieren und ernüchterung setzt ein: klar, aprilscherz. außerdem hätten es coversongs werden sollen. netter scherz, gelungen ist der, wirklich. und irgendwas in mir sagt mir, dass ich vielleicht glück gehabt haben könnte. denn es beschleicht mich nicht erst seit dieser nachricht das niederschmetternde gefühl, dass herr oldham nur noch sein erbe verwaltet. sprich: seinen namen vermarket.
die zwar sehr gute seafarers ep ist nur ein aufguss alter instrumentalstücke (ode music), die greatest palace songs für mich nur streckenweise und bei guter tagesform erträglich, bei der nächsten platte überlässt er leider matt sweeney das schreiben der musik (auch wenn das ergebnis wahrlich kein desaster ist, fällt es meines erachtens gegenüber früheren "bonnie prince billy”-alben deutlich ab).und es kommt eine liveplatte. wahnsinns output: vier platten in nicht mal 2 jahren, aber irgendwie keine neue musik von der palace-ranch.
da aber die herren um will oldham und doug mccombs diesen aprilscherz ziemlich gut finden und beschließen, der alten slint-bande zu huldigen, kommt es tatsächlich zu "the brave and the bold” - dem gemeinsamen coveralbum. und sorgen so dafür, dass ich wirklich glück gehabt habe. denn aus dieser kollaboration sind 10 songs entstanden, deren sounds physische präsenz entwickeln. die jungs covern sich beispielsweise durch songs von devo(!), elton john(!!) und bruce bringsteen(!!!). und gerade über letzteren möchte ich hier berichten.
als ich einem sehr guten freund die platte zeige und er feststellt, dass sie "thunder road” neu interpretiert haben, bekommt er leuchtende augen. es sei sein lieblingslied von herrn bringsteen. er habe ihn immer mit seiner ersten freundin gehört. es war deren lied. wir machen es an und im ersten augenblick ist er verstört. das soll thunder road sein? klingt ganz anders. ein furios klirrendes synthieintro tönt wie ein martinshorn durch die nacht. die gitarre setzt ein und der song pendelt sich auf ein tempo ein, dass bestenfalls halb so schnell ist wie das des orginals. es klingt auch bei weitem nicht so manisch wie die urversion. aber es dauert keine drei takte und er hat sich in den song neu verliebt. das sieht man. und ich kann es auch ohne bindung zum orginal mehr als nur gut verstehen. dieser song hat alles, was ich mir insgeheim von diesem aprilscherz versprochen habe.
man hört eine symbiose aus tortoise und will oldham. es werden synergien frei (und ich wünschte mir tortoise hätten die musik zur superwolf geschrieben). man hört genau die unterschiedlichen ansätze aufeinander prallen. man hört, wo tortoise sich seit der "it´s all around you” befinden (die gitarre erinnert an "on the chin” - meinen lieblingssong von der platte). man hört, was will oldham einem song an tiefe zu geben in der lage ist und singt mit ungeahnter – geradezu omnipotenten – präsenz. er baut sich auf zu einem berstenden riesen. sein gesang umarmt die musik und trägt sie fort. die beiden musikanschauungen funktionieren gleichberechtigt und verschmelzen wirklich zu einer völlig neuen einheit. und das wichtigste: die songs bekommen eine andere qualität, sind nicht einfach bloß nachgespielt. ich will nicht behaupten, dass ich alle zehn interpretationen mag, aber ich wünsch mir zukunft zwei dinge. erstens: tortoise und will oldham sollen ein gemeinsames album ohne coversongs aufnehmen. und zweitens: dass endlich wieder 1. april ist.
(ak)