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(ryko/warner)
das neue album von der im amerikanischen bundesstaat vermont beheimateten
anais mitchell trägt den namen "hadestown". es erzählt den griechischen
mythos des poeten orpheus und seinem zum untergang geweihten streben,
die geliebte ehefrau eurydike aus der unterwelt zu retten. unschwer
erkennt man: "hadestwon" ist mehr als nur eine ansammlung von musik.
"hadestown" ist ein konzeptalbum, eine moderne folk-pop-oper mit namenhaften
musikern und überragenden arrangements, produziert von todd sickafoose
(ani difranco, andrew bird). in der amerikanischen presse wird mitchells
neueste arbeit in den höchsten tönen gelobt: "artfully conceived, articulated
and produced, hadestown raises mitchell"s creative bar exponentially;
there isn"t anything remotely like it" (all music guide). mitchell arbeitet
auf "hadestown" erneut mit michael chorney zusammen, mit dem sie bereits
die letzten beiden longplayer "the brightness" und "hymns for the exiled"
eingespielt hat. chorney ist für die orchestralen arrangements verantwortlich,
die mal opernhaft ausladend und wenig später zurückgenommen den rhythmus
des albums vorgeben. was ursprünglich als live oper geplant war, entwickelte
mitchell zusammen mit theaterregisseur bent matchstick zu einem ambitionierten
studioprojekt um. entstanden ist die folk-oper dennoch auf der straße,
in einem zirkus-bus, in dem die beteiligten durch die vereisten straßen
new englands tourten. justin vernom (bon iver) spielt orpheus. sein
gesang verspricht hoffnung ebenso wie verzweiflung, atemberaubend ist
die intensität seines spiels. an seiner seite singt anais mitchell die
rolle der eurydike, jene figur, deren metaphorischer tod orpheus nach
hadestown befördert. greg brown singt hades, den könig der unterwelt,
ani difranco spielt persephone. die rollen sind perfekt besetzt, die
stimmen harmonieren und kontrastieren. dabei ist "hadestown" keine wiederaufführung
eines mythos, sondern deren neuinterpretation. metaphern auf die moderne
zeit, die grosse depression der 30er jahre, die aktuelle finanzkrise
sind unübersehbar. zeitkritisch und doch nicht gänzlich aus den traditionen
gelöst interpretiert mitchell mythos und figuren: "the hermes she made
me play was different than any hermes i"d ever imagined. a traveled
hobo. a back alley informant. maybe wise, maybe just drunk" (ben knox
miller). im kern bleibt "hadestown" jedoch eine liebesgeschichte, getragen
von dem ungebrochenen und unverwüstlichen optimismus des orpheus. dabei
ist es sein glaube, durch gesang, spiel oder gar schrift " durch das
schöne, mit den mitteln des künstlerischen " das unmögliche möglich
zu machen, schönheit und leben zu schaffen, das leitmotiv und die seele
des albums. genau hier schließt sich der kreis zu anais mitchell, vielleicht
als eine unbeabsichtigte metareferenz, ganz bestimmt jedoch als manifestation
der schönheit im künstlerischen auf dem überragenden "hadestown".
jf
anais
mitchell @ myspace
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