home                                     club        musik       konzerte
plattenkritiken | popnews | interviews | popclassics | clubplaylists | plattenlabels

carl barât - s/t

(pias/rough trade)

carl barat - carl baratmit der textzeile âwhat a waster, what a fucking wasterâ betraten die âlibertinesâ die bühne des rock n roll des noch frühen jahrtausends. es sollten noch zwei grandiose alben folgen, mit denen sie musikgeschichte schrieben. die geschichte der âlibertinesâ ist aber auch die geschichte von zwei freunden, die geschichte von pete doherty und carl barât. nach wiederholten eskapaden schmiss barât seinen freund doherty aus der band, wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben, der ihn beklaut hatte, in seine wohnung einbrach und seine unterschrift auf checks fälschte. immer wieder vergab barât einem freund. auch nach dem ende der âlibertinesâ, als beide musikalisch getrennte wege gingen und pete sein zuhause eher in den boulevardblättern dieser welt fand, konnte man den eindruck gewinnen, dass für beide das kapitel âlibertinesâ trotzdem noch nicht abgeschlossen war. ob es jemals ein neues album der band aus london geben wird und es nicht nur bei den beiden festivalauftritten diesen sommer bleiben wird, steht in den sternen.
denn diese tage veröffentlicht carl barât sein erstes soloalbum und es wirft die frage auf: wer ist carl barât wirklich? nur zur erinnerung: als er doherty traf und sie die ersten auftritte in ihrer gemeinsamen wohnung, den albion rooms, spielten, studierte barât drama und auch in der zeit nach den âlibertinesâ kehrte er immer wieder auf die theaterbühne zurück. dies ist ein leicht zu übersehendes detail, aber erklärt warum dieses album völlig anders klingt als erwartet.
er setzt bei seinem selbstbetitelten album, das er mit hilfe von miike snowÂs andrew wyatt und neil hannon von âthe divine comedyâ eingespielt hat, mehr auf streicher, piano und große melodien, als auf die âlibertinesâ-typischen gitarren. die musik wirkt reduzierter und einfacher, ja vielleicht sogar ehrlicher. es klingt merkwürdig, aber zum ersten mal tritt er musikalisch aus dem schatten seines freundes pete und zeigt uns sein wahres gesicht.
ein großer teil der songs klingt einfach glücklicher und viel weniger (doherty-)chaotisch.
er singt aber auch über komplizierte freundschaft und verlorene liebe. manche der opulent arrangierten lieder könnten teil einer tragödie sein, wie âcarve my nameâ oder âso long my loverâ, aber auch teil einer sommerlichen komödie, wie die erste single des albums ârun with the boysâ oder â the magusâ.
ob der wahre carl nun ein wüstling ist oder -wie auf dem cover seiner platte- sich als nachdenklichen künstler inszeniert, der selber vielleicht nicht weiß, wer er ist, so ist er nach einigen persönlichen rückschlägen auf jeden fall wieder zurück und scheint sich von seinem freund und bandkollegen doherty musikalisch emanzipiert zu haben.

(andre jegodka)

carl barat @ myspace