(pias/wall of sound/rough trade)
die
"jolly boys" kommen von jamaica. sie blicken auf eine sechzigjährige
bandgeschichte zurück, auf unzählige alben, liveauftritte und bandmitglieder.
sie sind mitbegründer und wichtigste band der folkloristischen musiktradition
auf jamaika, dem mento. jener musiktradition, aus der sich später reggae
und ska entwickeln.
es ist kalt in hamburg. ein kontrast zur musik der "jolly boys", die
in wenigen minuten in den fliegenden bauten auftreten werden. als ich
das zirkuszelt betrete, liegt eine flauschige wärme in der luft. selten
komme ich mir bei konzerten so jung vor, wie am heutigen abend. dann
betritt die band die bühne: applaus und gejohle. wenig später folgt
albert minott, seit 2005 neuer frontman der band: die frauen kreischen,
die luft knistert, der boden bebt. minott schreit ins mikrofon, das
publikum antwortet. minott lacht. die show kann beginnen.
das aktuelle album der "jolly boys" ist ein album der coverversionen.
ähnlich wie "nouvelle vague" interpretieren die "jolly boys" die größten
hits der musikgeschichte neu. im stil des mento, "jamaican style", hören
wir ein überragendes "i fought the law" ("clash"). vielleicht gelingt
den "jolly boys" jene version, die "the clash" nie gefunden haben und
die "sandinista" zum überragenden reggae album der punkszene gemacht
hätte. "new orders" "blue monday" im gewand karibischer leichtigkeit
spinnt die musikgeschichte neu; atemberaubend kontrastreich, wie "passenger"
von iggy pop oder "riders on the storm" der "doors". banjos, maracas
und rumba boxes bestimmen die lieder, das rhythmische grundgerüst groovend,
tanzbar, zwischen lebenslust und lethargie.
minott ist 72 jahre alt. ein entertainer, der wie die "jolly boys",
überwiegend in jamaikanischen hotels arbeitet. er ist zu alt zum feuerspucken
und zum tanzen auf seinen händen, aber er ist am heutigen abend jünger
als sein publikum. er spielt gitarre, tanzt, flirtet. die fliegenden
bauten, die welt, gehören heute abend albert minott und den "jolly boys".
während der beat groovend aus den lautsprechern tönt hält es fast keinen
auf den sitzen. die authentizität der "jolly boys" ist greifbar, jamaika
ist zu hause, wo mento gespielt wird. und mento wird gespielt, wo die
"jolly boys" sind. minott schreit ins mikrofon "jamaican style", das
publikum johlt. ein alter mann sitzt in der ersten reihe, seine augen
leuchten bei jedem banjoklang, bei jedem anschlag der rumbas. er trägt
einen langen weißen bart, sein haar ist konfus. einer aus der generation
"wer sich erinnert war nicht dabei". er singt inbrünstig jeden vers
den minott singt, wie im trance, während er versucht, seine digitalkamera
zum funktionieren zu bekommen.
die inoffizielle single des neuen albums ist amy winehouseâs hit "rehab".
minott singt den song emotional und kraftvoll. überzeugt und nostalgisch;
authentischer, als alle sängerinnen und sänger unserer generation zusammen
jemals einen vers gesungen haben. im video zu "rehab" gleicht der konzertsaal,
in dem die "jolly boys" musizieren, einer schulaula, in der verlassen
einige wenige menschen tanzen. heute aber tanzt ganz hamburg im zirkuszelt
der fligenden bauten. das aktuelle, das neue album der "jolly boys"
heißt "great expectation". übertroffen! bei weitem! aber so was von!
jf
jolly
boys @ myspace
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