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(sitzer records/broken silence)
peer,
einst der sänger und gitarrist der berliner band "le mobile" hat sein
soloprojekt inzwischen zu einer kompletten, fünfköpfigen band ausgebaut.
und dass diese und ihre gefühlten hundert freunde auf dem cover des
neuen albums nicht nur sympathisch und gut aussehen, sondern auch sympathisch
und gut klingen, beweisen durchweg alle Lieder auf "wir sind peer".
die mitglieder von bands wie "hund am strand", "sumo", "le grand coule"
und "ampl:tude" haben gut zueinander gefunden und schenken uns wundervollen
indierock in klassischer besetzung. das meint ganz beiläufig auch echten
independent, ohne gemalogo und majorvertrieb.
kein album für den sommer, keines, das uns lediglich im winter wärme
schenkt. wir haben es hier mit einem album zu tun, das den jahreszeiten
trotzt und stattdessen jahre auf rotation im cd-wechsler oder in der
dauer-playlist verweilen wird. denn "wir sind peer" überzeugt sowohl
musikalisch als auch inhaltlich. peer beweist song für song immenses
gespühr für gedanken, die so direkt am herzen liegen, dass sie im ersten
moment stets naiv oder in ihrer ausdrucksweise albern wirken. er gerät
ins schleudern wie seine waschmaschine, hat zu seinem kissen keinen
bezug mehr und fragt man ihn nach liebe, dann weiß er gar nichts darüber.
immer schwingt diese wunderschöne melancholie mit, die menschen in der
hektischen und leistungsorientierten welt schnell mal abhanden kommen
kann. nicht aber peer, denn der bewahrt sich seine sensible ader und
kindliche beobachtungsgabe. das sorgt dann für zeilen wie "der anzug
passt mir nicht so gut. ich glaube nicht, dass ich so im weltall überleben
kann." peer traut sich, persönlich zu werden. "ich glaube, ich werde
es nicht mehr los unzufrieden zu sein." das ist oft traurig, aber nie
peinlich. die immer präsente positionierung zurück zum detail und gefühl
bedeutet jedoch nicht, dass "wir sind peer" ein duckmäuserisches album
aus opfersicht ist. ganz im gegenteil. mit liebe zum detail wird hier
durchaus kritik geübt. peer entlarvt "seien wir doch mal ehrlich, es
ist eine krise. krise, krise, krise." und stellt fest "wir sind nicht
intakt, wir sind im takt." am deutlichsten wird das hinterfragen von
alltäglichkeiten dann durch die wunderschöne single "schutzraum". ein
song, der diese ganze web 2.0 entwicklung und seine sozialen folgen
entlarvt. "auf welcher seite von dem gitter stehen wir im zoo? früher
war das hier ein schutzraum, heute ist es ein büro." dass sich die ganze
band dann im zugehörigen video in albernen tierkostümen selbst zur schau
stellt, wie es inzwischen millionen facebook-user gleich tun, ist sowohl
niedlich als auch clever inszeniert. hier bedeutet kritik nicht den
erhobenen zeigefinger, nein, hier fängt kritik bei sich selbst an. und
da das, was peer singt, auch noch so wahr und verschwurbelt wie unser
aller leben ist, wird wohl jeder nach dem genuss dieses albums kopfnickend
zugeben müssen: "wir sind peer".
(mike witschi)
peer
@ myspace
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