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plattenkritiken 2010

xiu xiu - dear god, i hate myself
(killrockstars/cargo records)

xiu xiu - dear god, i hate myself dass kunst eine therapeutische wirkung erzielen kann, ist unbestritten. viele künstler nutzen ihr werk, um einen schmerzhaften verlust zu verarbeiten oder ein intimes persönliches statement zu verkünden. bei der musik von "xiu xiu” ist therapie mehr als nur heilung, immer auch zerstörung und schmerz, der selbstfindungsprozess wird hier zu einer sado-masochistischen tour de force. jamie stewart, herzstück und konstante der kalifornischen goth-pop band, perfektioniert auf dem aktuellen album 'dear god, i hate myself' eine schizophrene atmosphäre aus faszination und ekel mit einem außergewöhnlichen wie perversen kompositionstalent. gleich die ersten beiden tracks 'gray death' und 'chocolate makes you happy' machen die zerissenheit der musik von "xiu xiu” allzu deutlich: verpackt in melodiösen pop und stimmungsvolle elektrobeats werden themen wie tod, verzweiflung und - in letzterem stück – bulimie besungen ('chocolate makes you happy, as you deign to sing along, when you thrust two fingers down your throat and wash away what's wrong'). die vordergründige harmlosigkeit der musik verschärft hier noch die ebenso verabscheuungswürdigen wie kraftvollen texte, eine wirkung, die von stewarts schaurig schönem gesang noch abgerundet wird. der pop appeal nimmt im laufe des albums zwar ab, die intensität jedoch, mit der stewart seine botschaften predigt, bleibt. dazu tragen auch die zwischen einfachheit und kakophonie schwankenden elektroprogrammierungen vom neuen bandmitglied angela seo bei. zum pop zurück findet das album am ende mit dem tragisch schönen 'this too shall pass away (for freddy)', bei der aber textlich die hoffnung erneut eine trügerische ist ('this pain will pass away, listen, steven is singing to you the pain of life you wipe away'). jamie stewart schafft es mit 'dear god, i hate myself' wie so oft, den hier ordentlich zu verstören. eine therapiestunde, in der einem unangenehme emotionen mit roher gewalt eingeprügelt werden. das kann man hassen, das kann aber auch gefährlich süchtig machen.

(torben deinert)

xiu xiu@ myspace