(devilduck/indigo)
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northwest 80th street, seattle. man ist ein wenig ab vom schuss. zwischen
den häusern der einfamiliensiedlung mit ihren umhegten gärten befindet
sich das relativ unscheinbare gebäude des avast!-studios. der äußere
schein trügt: in diesem aufnahmestudio haben schon alben der bands queens
of the stone age, soundgarden und death cab for cutie das licht der
welt erblickt. jetzt stehen sie hier: talking to turtles â überwältigt
vom schönen seattle und ein wenig erschlagen vom professionellen equipment
des studios. in den nächsten zwei wochen im frühjahr 2011 entsteht ihr
neues album âoh, the good lifeâ.
ein paar monate später halte ich es endlich in den händen. mit spitzen
fingern stecke ich die cd in meine stereoanlage. die ersten töne von
âin the futureâ erklingen und schnell merke ich: talking to turtles
haben mich in ihren fängen. mit dem hoch geschätzten debütalbum âmonologueâ
hat âoh, the good lifeâ jedoch nicht viel gemein. vom intimen singer-songwriter-charme
hat man sich entfernt hin zu einem umfangreichen, anheimelnden bandsound.
die liebe zum detail, die anrührende leichtigkeit und das gespür für
bezaubernde melodien sind geblieben. auch die stimme von florian sievers
ist gewohnt einzigartig â mit einem geflecht von kratzigen und klaren,
wimmernden und jauchzenden, lauten und leisen tönen definiert er das
wort perfektion neu. die leipziger sind ein stück weit ernsthafter geworden,
beschäftigen sich in ihren texten mit zukunftsmalereien. wir begleiten
die beiden auf der spielerischen sinnsuche nach dem, was sie in ihrem
leben noch erreichen möchten. spielerisch ist auch das arrangement der
instrumente, das mitunter orchestral daherkommt. anzutreffen sind cello,
banjo, horn, querflöte und co. â diese wurden eingespielt von gastmusikern
aus dem freundeskreis von jonathan warman, dem produzenten. zum neuen
timbre gehört zudem die gestiegene präsenz von claudia gößler.
der geneigte hörer kann sich auf eine mischung aus bon iver und scanners
mit einer prise the flaming lips und metric freuen. talking to turtles
kredenzen songs, die an die herzscheidewand pochen. die letzten takte
von âremâ ertönen und das ende des albums lässt mich hochschrecken:
die letzten 38 minuten haben mich derart in ihren bann gezogen, dass
ich alles um mich herum vergessen habe. die neue opulenz steht den 27-jährigen
gut zu gesicht, man bekommt den eindruck, man müsse nur einen schritt
nach vorne gehen, um in der von ihnen geschaffenen klangwelt auf pfaden
zu wandeln.
wer sein glücklichsein nicht im garten begraben will, der sollte so
schnell wie möglich âoh, the good lifeâ von talking to turtles erwerben!
(n. näser)
talking
to turtles @ myspace
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