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die heiterkeit - herz aus gold

(staatsakt/rough trade)

die heiterkeit - herz aus goldslackertum, coolness, velvet underground, pavement, pulp, die regierung.
die koordinaten sind alt aber gut. immer wieder toll, wenn eine band ihren ganz eigentümlichen, mitunter genialen popansatz verfolgt. eine Band, die das meiste an sich abprallen lässt und sich nur das nimmt, worauf sie grad lust hat.
bei aller zur schau gestellten coolness sollte man nicht die freude übersehen, mit der stella sommer ihre songs schreibt (manchmal verrät sie ein warmes, herzliches lächeln) und die band sie performt und arrangiert. immer im fokus: der pop-appeal, nur nichts verkomplizieren. das temperament und die verletzlichkeit sind versteckt.
ich habe lust auf die platte und schon seit zwei tagen einen ohrwurm von "hauptquartier".
natürlich hört man auch tocotronic und das ist auch gut so. in stellas art zu singen manchmal die laszivität jens friebes. und dann ist da noch die tolle zweite stimme, glockenhelles understatement von rabea und das stilsichere early-arne-zank-schlagwerk von stephanie hochmuth. stellas gitarre ist der stete begleiter der dich durch die songs geleitet, ans licht, in den kern, das herz aus gold, mit dem das album endet. die heiterkeit portionieren, halten zurück und lassen einen in dem gefühl zurück, mehr zu wollen.
toll ist auch, dass die drei damen sich nicht bierernst nehmen (weißweinschorle träfe es besser als Bier). der größenwahn funktioniert, wenn man ihn ernst nimmt, genauso wie wenn man über ihn lacht - besser geht es doch nicht. hier stehe das sissy-zitierende "die Liebe eines volkes" (… hat mich zur königin gemacht) mit seiner trotzigen würde pate. immer wieder diese tollen refrainsätze und die texte, die mal liebevoll, mal nachlässig um diese zeilen herumgeflochten sind. das lässt man gern ins ohr und in den kopf, singt es dann wieder heraus zu anderen menschen in den top 5 bars dieser stadt.
klar ist nicht alles optimal, so könnte das tolle, seltsam hymnische "für den nächstbesten dandy" sicherlich noch ein größerer hit sein, würde es nicht etwas holprig und steif daherkommen. steif sind die heiterkeit nämlich überhaupt mal sowas von gar nicht, vielmehr äußerst elegant, höchstens etwas unbequem…
aber hey, das ist ein debüt. these: leute wollen bei bands eine entwicklung nachvollziehen können. das zweite album könnte zum beispiel etwas mehr hochglanz, noch mehr erhabenheit haben und mehr in richtung marlene oder der knef gehen. wie wäre es mit einer unerwarteten schmissigen france-gallisierung? vielleicht auch mehr komplexität. wie in einem stück, dem vergessenen epos "gut aufgestellt" mit clarina 8 arrangement, angedeutet. bestimmt gibt es schon wieder mindestens 60 songfragmente. der popolymp zieht die drei damen ohnehin an wie ein riesiger magnet. noch wehren sie sich halbherzig, aber erfolgreich und krallen sich im samtenen untergrund fest.

Joachim

die heiterkeit @ world wide web