(broken silence)
dass
es sich bei "postsexuell" um ein debütalbum handelt, mag anhand
der stets angenehmen, unaufdringlichen versiertheit der drei kieler
verwundern. mit dem mut der verzweiflung wird hier auf hohem niveau
nach irgendeinem ende weitergetrümmert und gereizt. bestimmt für fans
von oma hans oder turbostaat. der knarfier lässt sich im video zu "bau
eine kirche draus" blicken. das macht auch sinn und spaß, das ist
cool. eine band mit charisma - keine frage. um das zu zeigen, hätte es
wohl kaum des nervtötenden bandnamens bedurft.
weil "keine zähne…" nun einmal "postsexuell" sind,
halten sie sich auch aus liebesdingen - oder was die leute so dafür halten -
heraus und sind damit wohl auch ganz zufrieden, sofern sie überhaupt
mit etwas zufrieden sind. wenn die frauen locken, sortieren sie lieber
socken, so ihr verächtlicher kommentar. das erinnert an weezers "tired
of sex" aber auch an superpunks "baby ich bin zu alt".
das besondere an dieser verweigerungshaltung ist, dass sie depressiv,
aber eben nicht juvenil, sondern dezidiert routiniert ist. die großen
abenteuer treiben diese platte also weniger an. romantik ist etwas anderes
aber den vorwurf des zynismus kontert die band mit ihrer leidenschaftlichen
musik aus.
hier tut sich was beim dritten lied, da kommt elektronisches schlagzeug
und die tight knarzende rhythmische turbostaat / oma hans schwurbel
wird ersetzt durch wavigere klänge. seltsamerweise wird es dadurch nicht
kälter, sondern intimer. das ganze ist nicht nur norddeutsch-dröge, sondern
teilweise schön verspielt, humorvoll und abwechslungsreich. die produktion
ist absolut auf der höhe der zeit, die experimente sind internationale
klasse. ein stück wie "osm 2000" geht deutlich über genre-schranken hinaus.
geil aggressiv und krank, dabei immer noch irgendwie fast mondän. der
gesang ist für meinen geschmack manchmal zu gröhlig, dafür anderen orts
vielleicht umso ergreifender, das gebe ich zu. die zusätzliche instrumentierung
ist clever, die produktion modern, aber nicht so, dass es stört - eigentlich
perfekt! so entzieht die band auch den öden kopflastigkeits-nörglern jeden
nährboden.
insgesamt wird viel autobiografisches und alltägliches verhandelt und
mit humorvoll distanzierten bis bissigen bemerkungen garniert. die ratschläge,
die die kieler ihren hörern mitgeben, verweigern sich jedem verantwortungsbewusstsein.
das ist dann doch punk, nicht wahr? klar, mit einem abgeschlossenen
studium ist man eben noch lange nicht glücklich. danke, dass das noch
einmal gesagt wurde. als bonustrack gibt es noch ein dance-stück, das
getrost als manifest der band taugt und zeigt, dass der bandname als
textzeile durchaus ok geht.
man lacht über den perversen witz "leben" und grinst sich durch
die misere. dabei kommt ein nicht unbedingt originelles, aber recht
charismatisches album von erstaunlicher musikalität heraus, das der entsprechenden
zielgruppe viel freude bereiten wird und auch die ein oder andere aufgeschlossene
hörerin interessieren sollte.
(joachim büchner)
keine
zähne... @ myspace
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