(staatsakt/rough trade)
das
hat soul, das hat poesie und weisheit. die charismatiker almut klotz
und "reverend" christian dabeler mit einem großen wurf. ein
schmerzlich vermisstes gefühlvolles rock-pop album von format. nachdem
die vorgängerin noch auf alfred hilsbergs zickzack erschien, bringt
diesmal das umtriebige und geschmackssichere staatsakt-label die platte
raus.
klotz und dabeler verwenden quer über den popkosmos gestreute stilmittel
von den beach boys oder der gitarrenarbeit neil youngs bis zu den lassie
singers. wir hören hymnischen kammer-pop, frankophiles aber auch anklänge
an gute momente von element of crime beim "liebeslied".
alles ist wunderbar ausgedacht, kundiges klassisches songwriting, das
den texten stets gerecht wird, intelligente instrumentierungen, meisterhaft
eingesetzte tremolo-effekte, liebevolle kleine ziselierungen, power,
rhythmus, melodie und theremin. eine gute idee: ein rockalbum mit rohen,
sehr prominenten toms! alles klingt im gleichen Maße wild, frei, roh,
ungezähmt und reich. andererseits ist die musik auf eine angenehme weise
zivilisiert: klug stilisiert, auf einer tradition aufbauend, halt "irgendwie
verdammt schön". "lass die lady rein" ist eine platte
voller substanz und ergreifender vitalität, denn sowohl almut als auch
der reverend haben unglaublich viel zu erzählen und tun das auf's beste
und kurzweiligste.
höhepunkte herauszuarbeiten ist hier nicht leicht. "mylord"
ist ein schwungvoller, temperamentvoller opener mit witz, der im gedächtnis
bleibt. "wann kommst du" dagegen ist eine gefühlvolle boheme-hymne
über die gleichförmigkeit des alltags, die in ihrer erwartungshaltung,
das leben möge doch nicht eintönig und durchschnittlich sein und ihrem
hoffen auf erlösung durch liebe auch überaus romantisch ist.
die stimmen von almut und dem reverend harmonieren wunderbar wenn sie
augenzwinkernd singen "im grunde wäre es wohl das beste gewesen,
wir hätten uns nie gesehen". das ist in der tat "tausendschön".
überhaupt werden viele fazits gezogen. im letzten lied zieht der reverend
in spielerischem vortrag folgende bilanz: "rache und gerechtigkeit
sind nicht so mein ding, rache und gerechtigkeit beherrschen unser leben,
anstatt dass wir noch angst vor dinos haben."
bemerkenswert auch das artwork mit atari bildern vom reverend höchstpersönlich
und typischen fotografien von robin hinsch.
dieser platte ist zu wünschen, dass sie eine große und geneigte zuhörerschaft
findet, die weiß, was sie an ihr haben kann und hat.
nachtrag
diese woche hörte ich die traurige nachricht von almut klotz' tod nach
langer krebs-erkrankung. wir verlieren eine wunderbare sängerin, songwriterin
und eine vorzeige-bohemienne mit einer beeindruckenden ausstrahlung
deren unbemühtes schaffen inspiration für so viele war und bleibt.
ich selbst kann nicht sagen, sie gekannt zu haben, allerdings haben
wir vor ca. 2 jahren in einer hamburger galerie zusammengespielt und
sie erklärte sich zu unserer großen freude bereit, bei dem lied "frühstücken"
unserer band "die schmutzige schönheit der natur" mitzusingen.
zuletzt sah ich sie äußerlich schon deutlich durch ihre krankheit gezeichnet,
beim mitreißenden auftritt zusammen mit dem reverend in der hanseplatte.
(joachim franz büchner)
almut
klotz & reverend dabeler @ soundcloud
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