(sqe/cargo)
willkommen
zu einer neuen folge in "unserer kleinen popkunde". heute:
die halbwertszeit und der rasende stillstand in der global vernetzten
popkultur. fast will es mir scheinen, als könnten die brasilianischen
css als phänotyp für die beschreibung der beiden begriffe herhalten.
das ist zum einen: die halbwertszeit. erinnert sich hier noch wer an
myspace? das war so zwei jahre und vor facebook ein ort für die musikinteressierte
netzcommunity und css waren das schon lange vor dem erscheinen ihres
gleichnamigen debuts 2005 eine heißes ding. doch genauso wie man heute
niemandem mehr mit myspace kommen muss, verhält es sich wohl auch mit
css... tatsächlich beobachte ich dieses schnelle abkühlen der begeisterung
und das weiterziehen als musiknomade auf der suche nach dem nächsten
hype auch bei mir selber und so war der css-drops gefühlt eigentlich
mit dem nachfolgelangspieler "donkey" 2008 schon wieder gelutscht.
was sich zum teil vielleicht auch mit dem entleihen des "rasenden
stillstands" aus der soziologie erklären läßt... ist doch echt
erstaunlich oder? eigentlich wird - nur mit leichtem verschieben musikalischer
nuancen - immer noch auf diversen retrohochzeiten getanzt! und das nun
bereits mit beginn der 2000er. ein jake bugg macht einen auf bob dylan,
ach ja, überhaupt wäre da das ganze indiefolkpopgenre mit seinen verästelungen
in afrobeat, world music, sunshine- und psychpop zu nennen. die 80s
werden auch nach über 10 jahren ihrer wiederentdeckung allenthalben
strapaziert, egal ob nun im gitarrenwave, electropop oder c86-affinen
indiepop. nicht zu vergessen, das musikalisch nur schwer zum umreissende
lofi-genre, welches sich häufig durch ein fröhliches vermengen vielerlei
einflüsse auszeichnet und schließlich: selbst so eine innovation wie
dubstep entpuppt sich mit einer ruckverfolgung über 2-step bis hin zu
drum and bass und reggae eigentlich nur als eine variation des bereits
bekannten!
so kommt es also zu der besonderen situation, dass man als popkulturell
interessierter von einem neuen ding zum nächsten hetzen kann, in rasend
schneller abfolge neue heiße bands auf einen einprasseln und die damit
verbundene musikalische innovation, der fortschritt dahinter mehr oder
weniger gen null tendiert, also mehr oder weniger zum stillstand gekommen
ist.
was mich schließlich und endlich wieder zu css und ihrem neuen vierten
album "planta" führt. auch bei diesem netzhype der ersten,
zweiten stunde - durch den ausstieg von gründungsmitglied adriano cintra
- mittlerweile zum reinen frauenquartett geworden, läßt sich auch auf
der neuen scheibe nur eine leichte variation des bereits bekannten beobachten.
die gitarren sind auf "planta" zwar fast gänzlich verbannt,
aber wirklich neues bekommt man von den südamerikanerinnen nicht zu
hören. stattdessen überwiegen kühle - aus bekannten sounds gebastelte
- electropoppige arrangements, lediglich vereinzelt mit polyrhytmischen
offbeats unterlegt, denen ich hier aber so gar nichts abgewinnen kann.
und insbesondere durch ein schwaches songwriting hat auch "planta"
- ähnlich dem vorgänger "la liberacion" - viel leerlauf. css
verpassen es, damit noch einmal zwingend auf sich aufmerksam zu machen.
stattdessen bestätigen sie die langeweile, die sich bereits mit dem
beiden vorgängeralben verband und unterstreichen den eindruck, dass
der einstige hype nun ein für allemal gegessen ist...
(mf)
css
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