(staatsakt/rough trade)
eine
wenig überraschende schratige angelegenheit, großartig!
rachut unterwirft schon seit jahrzehnten die welt seinem unbequemen
entwurf von kunst und musik. jetzt kommt er mit nrfb (nuclear raped
fuck bomb) über das staatsaktlabel in einsame wg-zimmer und patriziervillen
des deutschsprachigen raums.
die frage, inwieweit ist das spontan entstanden? der texter leidet scheinbar
unter schlafproblemen, das ist gut, denn so entstehen andere, fragmentierte,
wuchtige texte, die verblüffen können. wir kennen das schon von rachuts
kontinuierlicher arbeit mit seinen diversen bands und projekten und
seinen einsätzen bei den zitronen, diese musik mit der stimme. der vergleich
drängt sich auf, da mit thomas wenzel und mense reents zwei vorzügliche
musiker und tausendsassa aus eben dieser band mit von der partie sind.
die band agiert gleichzeitig spielerisch und diszipliniert, die kalimba
sei genannt als typisches beispiel für den einsatz von instrumenten,
die nicht zu einer standard rock/pop-besetzung gehören.
vieles erinnert dann auch an rachuts beitrag auf dem zitronen album
"schafott zum fahrstuhl" ("der mann, der mit der luft
schimpft") aus dem jahr 2001 oder an stücke von "das bisschen
totschlag" wie "das hat nichts zu tun mit kunst" oder
"80 millionen". orientalische anklänge hingegen weisen zum
letzten goldies album. es wird auch mit 60ies psychedelia geflirtet.
man stellt sich die band wahlweise als zigeuner, hirten, nomaden vor.
eine schratige angelegenheit. dieses fantasie-szenario wird mit einblicken
in eine triste, mediokre alltagswelt konfrontiert. im stile einer theaterszene
wird alternierend mit schauspielerin und co-sängerin lisa hagemeister
eine beziehung im angesicht der öden gewohnheit mittels stichwörtern,
durchhalteparolen und weisheiten dekonstruiert. das ist so einfach und
offensichtlich wie künstlerisch groß und wirksam. "abgefahrene
reifen", "partnerbonus", "scrabble" "rehkids",
"das waren wir irgendwann auch mal", "kuscheln",
"zweiter weihnachtstag", "hör auf zu heulen- ist jetzt
so" "dazu ein roter Bordeaux"… "voller staubsaugerbeutel".
in welcher lebenssituation könnte man diese platte hören, wann könnte
sie passen? keine ahnung. vorschlag: einfach auflegen und schauen, was
passiert.
p.s.: ich bin stolz, "trüffelbürste" ohne die verwendung
des begriffs "krautrock" beschrieben zu haben.
(joachim büchner)
nrfb
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