(col/sony)
in
der regel streiten fans der größten countrystars über früh- und spätwerke.
die einen lieben die rebellisch und verträumte jungphase, in der die
stars losgelöst von poetisch und musikalischen grenzen ihren taten-
und geltungsdrang ausleben, die anderen lieben die vom leben (und vom
alkohol) müde gewordenen stimmen, die in weisen versen die selbsterkenntnis
besingen. mit "out among the stars" erscheint nun ein cash
album aus den 80er jahren, einer "lost decade" wie der new
yorker schreibt. einer zeit, in der johnny cash kurz vor dem ende seiner
zusammenarbeit mit columbia (damals cbs) steht; einer zeit, die es nicht
in die popkultur und james mangolds "walk the line" geschafft
hat.
die songs von "out among the stars" sind in studios in nashville
in 1981 und 1984 aufgenommen und von billy sherrill produziert. sherrill,
der mit hits wie "the grand tour" von george jones und "behind
closed doors" von charlie rich sich in der musikszene verdient
gemacht hatte, war ein pionier sanfter countryproduktionen nahe am pop
mit all seinen romantisch kitschigen klischees. nicht ungewöhnlich,
dass cash für die zusammenarbeit nachträglich wenig postives übrig hatte.
die aufnahmen verschwanden bei columbia, wie cash aus dem erfolgreichen
musikbetrieb verschwand. wie gut können diese aufnahmen sein, von denen
sich cash eher distanziert, sein sohn, john carter cash, der für die
wiederentdeckung und veröffentlichung verantwortlich ist, jedoch schreibt:
"when i heared these recordings for the first time in so many years
what i immediately noticed was the joy in his [johnny cash's] voice
- his spirit was soaring. i heared the vibrant joy. when these recordings
were made he was full of passion and love as any other time in his life
- at a true prime."
weniger bekannt als die in "walk the line" ins biblische überhöhte
überwindung der drogensucht von cash, war dieser anfang der 80er jahre
erneut der pillensucht verfallen. vor den aufnahmen, die wir auf "out
among the stars" hören, singt cash als einer, der leid und sucht
ein zweites mal besiegt hat. das die spiritualität, die den songs auf
"out among the stars" nachgesagt wird, von dieser genesung
stammt, ist ungewiss. denn wenn cash singt, und dies ist sein größtes
vermächtnis, singt er seine verse mit einer intensität und aufrichtigkeit,
die einer beichte gleichkommen. wir hören diese unvergleichliche brillianz
in seinen frühwerken und in den retropuristischen, rubinschen spätwerken.
ein cash album zu hören, ist wie zu einer messe zu gehen. die beichte
hört nicht nur einer, sondern die ganze gemeinde.
die songs auf "out among the stars" variieren, wie auf fast
allen cash alben in qualität und poesie, mangeln jedoch niemals an intensität.
selbst dem dem albumtitel gleichnamige opener, der von den sherrillschen
romantizismen nur so protzt, widmet cash eine volle aufmerksamkeit,
zieht uns mit seiner stimme in den bann, als würde er seine verse nur
uns singen, während die gemeinde längst gegangen ist. ein höhepunkt
ist zweifellos das fantastische bluegrassduett mit june carter cash,
das einem tränen in die augen treibt. auch ein zweites duett ("baby
ride easy") mit seiner frau, aufmüpfig und tragisch zugleich, ist
ein musikgewordenes juwel einer teils alltäglichen, teils besonderen
ehe. cash verabschiedet sich (sieht man vom bonus track ab) mit dem
gospel "i came to believe", dass im 80er jahre duktus authentisch
tragisch wirkt und auf den rubinschen spätwerken (nach dem tod von cash
auf american v: a hundred highways' veröffentlicht), die schatten des
eigen todes vorauswerfend, unerreichbar wird, wenn cash nicht mehr beichtet
sondern feststellt: "i came to believe in a power much higher than
i".
"'out among the stars" ist ein faszinierendes, interessantes
und oft aufregendes johnny cash album. es vereint das schaffen (was
immer auch leben ist) von cash, in frühen, späten und auch seinen absurden
werken. kurz nach den hier zu hörenden aufnahmen sollte ein huhn den
erfolg von johnny cash feiern und der mann in schwarz im gelben bankräuberkostüm
banken ausrauben. die polemik "chicken in black", als protest
gegen columbia und das musikalische establishment, folgte auf die aufnahmen
von "out among the stars". zweifellos keine zeit für biblische
überhöhungen und wiedergeburten und dennoch authentisch und aufrichtig,
wie wir es von keinem anderen musiker kennen.
jf
johnny
cash @ world wide web
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