home                                     club        musik       konzerte
plattenkritiken | popnews | interviews | popclassics | clubplaylists | plattenlabels

die sterne - flucht in die flucht

(staatsakt/rough trade)

die sterne - flucht in die fluchtspätestens seit ihrem album "posen" von 1996 geistern "die sterne" als feste institution durch die deutschsprachige musikszene. zwar hatten sie mit "universal tellerwäscher" und "mach die tür zu es zieht" bereits auf den beiden vorgängeralben zu "posen" songs mit großem hitpotential, die punchline "was hat dich bloß so ruiniert" eroberte damals jedoch auch die letzten ecken der indiediscos und hallt bis heute nach. und all die, die damals altklug schrien "die gitarre ist doch von house of the rising sun" dürften heute beim "diebstahl" schreien gar nicht mehr hinterher kommen. die sterne zitieren sich auf "flucht in die flucht" ohne punkt und komma durch die musikgeschichte der letzten 40 jahre. ohne ihrem eigenen sound wirklich fremd zu gehen, klauen sie dabei unter anderem von jimi hendrix, chris isaak oder auch rheingold. aus teilweise komplett übernommenen songparts schaffen die sterne es, völlig neue songs zu schaffen. dabei ziehen die hamburger vor keinem musikstil die bremse. so reihen sich auf "flucht in die flucht" rockperlen ("menschenverachtendverliebt") an bluessongs ("ihr wollt mich töten") an noiserock ("miese kleine winterstadt") an country ("mach mich vom acker") an balladen ("drei akkorde") an artpop ("der bär"). dazwischen immer wieder eingängiger indierock, wie man ihn in mehr als zehn jahren die sterne lieben gelernt hat. frank spilkers ganz eigener umgang mit gesangsmelodien, thomas wenzels klasse gespür für unabgedroschene basslinien und christoph leichs unaufgeregtes und ewig jugendliches schlagzeugspiel lassen die herren auch heute noch verspielt, eingängig und aufmüpfig klingen. bei all den musikalischen zitaten (um die die band durch explizite danksagungen an die künstler der originale im booklet übrigens keinen hehl macht) klauen die sterne immer noch am liebsten bei sich selbst. und das ist gut so. spilkers texte werden seit der erfindung des neuen deutschen indiesounds in bad salzuflen nicht müde zu betonen, dass die welt voller beklagenswerter dinge ist. dass man sich dafür nicht ständig wiederholen muss, sondern immer wieder neue blickwinkel auf das übel "gesellschaft" finden kann, beweist das album auf kompletter spiellänge. und dass durchaus neuer schwung im sektor "hamburger schule" vorhanden ist, bringt uns "flucht in die flucht" auch bei. für das aktuelle album haben sich die sterne nämlich gesangsverstärkung von neulingen der hamburger musikszene rund um das label euphorie geholt. so liefern bands wie "zucker", "der bürgermeister der nacht" und "schnipo schranke" chöre und gesänge und schließen den kreis, in dem sich die "hamburger schule" von damals und heute die hand geben. in der mitte dieses kreises dann "flucht in die flucht", ein album, das endlich mal wieder ein fazit in der superlative zulässt: nie waren die sterne besser!

(mike witschi)

die sterne @ world wide web