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trümmer - trümmer

(pias/rough trade)

trümmer - trümmerdas nach hamburg zugezogene trio um sänger paul pötsch fragt bereits seit ihrem bestehen vor etwa zwei jahren nach dem fehlen der euphorie in der stadt. und das vollkommen zu recht. hamburg hat sich - ohne das es bisher besonders thematisiert worden wäre - seit den goldenen tagen und der aufbruchstimmung der hamburger schule in die musikalische bedeutungslosigkeit manövriert. die helden von früher sind tot oder nach berlin abgewandert. punkrock ist bei 42000 privatmillionären und deren gören eh schon überflüssig geworden. stattdessen viel chichi-house und salon-minimal-elektropop ohne ecken und kanten und eine reine spielwiese für höhere söhne und töchter die irgendwas mit medien machen wollen. trümmer haben trotz ihrer jugend diesen mißstand wunderbar erkannt und werfen ihrer eigenen generation den musikalischen fehdehandschuh hin. musikalisch eine hingabe an alte einflüsse, nämlich dessen was kluge deutschsprachige gitarren-indiepop-musik aus hamburg vor 20 jahren einmal ausmachte. anrührend, wenn man das presseinfo liest, wo paul pötsch auf adorno verweist. da klingelt doch was? hallo kolossale jugend, hallo blumfeld, hallo die sterne! das tolle aber ist: trümmer sind nicht retro. die welt in hamburg ist nun mal eine ganz andere geworden. das spiegelt sich auch in ihrer musik wieder. gentrifizierung greift weiter um sich. wo ist die linksradikale indieszene geblieben? wo sind die idealisten und irren aktionskünstler geblieben? trümmer sind eine hoffnung, eine offenbarung, die den finger in die wunde legen. gegen den ganzen gendermainstream, die hanseatische piefigkeit, aber ohne belehrend zu wirken und dabei durch das ganze album hindurch eine positive aufbruchstimmung vermitteln. musikalisch werden die feinen texte mit wunderbaren new wave- und indiegitarrenrock-zitaten garniert, die ich so frisch klingend aus hamburg seit gut 15 jahren nicht mehr gehört habe. die kinder von distelmeyer, spilker, begemann und lowtzow sind flügge geworden. songs wie "1000. kippe", "wo ist die euphorie" oder "nostalgie" haben das zeug zu klassikern. trümmers "trümmer" ist für mich schon jetzt das beste deutschsprachige album des jahres geworden. es ist wunderbar, denn noch ist hamburg nicht verloren!
(benedikt ruess)

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