(staatsakt/universal)
genau
so genial, liebevoll und peinlich, wie "studio braun" als
"fraktus" mit film, medienpräsenz und album ihre gefakte wiederentdeckung
als pioniere des technos feierten, zelebrieren sie jetzt ihr großes
comeback. und schamoni, strunk und palminger wären nicht "studio
braun", wenn es hierbei an witz und charme mangeln würde. dass
das trio nur so vor selbstironie strotzt, sollte bekannt sein. mit "welcome
to the internet" beweisen sie nun, dass sie sich mit dem phänomen
bandreunion intensiv auseinander gesetzt haben und vor allem die peinlichen
und unbehaglichen momente, die ja bei solchen musikalischen wiedervereinigungen
meist ungewollter beigeschmack sind, voll auskosten. "fraktus"
schämen sich einfach für nichts. schlechtes englisch, dumme metaphern,
esoterik, uncoole coolness, in diesem fall alles programm. so gut jedoch
in szene gesetzt, dass es irgendwie doch authentisch und liebeswert
ankommt. als dickie cchubert (jetzt dickie starshine!), bernd wand und
thorsten bage machen sich die drei mit ihrem comeback lustig über abgehalfterte
musiker, die es unbedingt noch einmal wissen müssen und ihr denkmal
deshalb jahrzehnte später selbst beschmutzen. wobei es eigentlich nicht
der spott, sondern ein tiefes verständnis für die tragik und feines
gespür für die inszenierung dieser ist, die "fraktus" vorantreibt.
mit "welcome to the internet" klopfen sich "fraktus"
permanent selbst auf die schulter und spielen mit allen zur verfügung
stehenden musikerklischees. und das ist so peinlich anzuhören und unangenehm
anzusehen, dass wegschauen einfach unmöglich ist. allein der merchstand
dieser band ist ein krasser angriff auf humorverständnis und krempelt
das thema coolness gehörig um: fahrradhelme, shampoos, kekse, bananensäge,
flöte mit rückspiegel - böse gesagt alles dinge, die kein mensch braucht,
was irgendwie auch auf das ganze album zutrifft. die musik selbst (übrigens
produziert von t. raumschmiere) tritt aber sowieso in den hintergrund.
der humor und das gesamtkonzept "fraktus" beleuchten alles
neu, was im popbusiness seit "kraftwerk" passiert ist, und
stellen damit auf eine schelmische weise mechanismen in frage. allein
deshalb sind "welcome to the internet" und der erstling "automaten
– millennium edition" von "fraktus" ein muss für jeden
fan von elektronischer musik. wer da nicht drüber lachen kann, hat musik
nicht kapiert.
(mike witschi)
fraktus
@ world wide web
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