(pias/rough trade)
"david
lynch-zeitlupen-jazz" ist sicher das meistbenutzte klischee bei
der bezeichung der musik der mülheimer band "bohren und der club
of gore" und ist damit beides: zutreffend und zugleich unverdient
reduzierend. aber der reihe nach. um das phänomen "bohren",
wie sie ja zunächst bei der gründung 1992 hießen, zu begreifen, muss
man eben zu gründung zurück gehen. die musiker der band stammten allesamt
aus hardcore und metal bands und wollten etwas ganz neues schaffen,
einen sound, den es so noch nicht gab. und tatsächlich ist ihnen das
- unter dem eindruck von der serie "twin peaks" vielleicht
– gelungen. bis dahin gab es keine band, die extrem langsame, filmmusikartige
klanglandschaften schufen, die mit einem bass saxophon in vielen tracks
eine so düstere stimmung zu erzeugen wusste. und ja: die nähe zu soundtracks
einiger david lynch filme ist nicht zu leugnen.
2000 kam mit dem album "sunset mission" so etwas wie der durchbruch.
"bohren und der club of gore" wurden auf einmal einem internationalen
publikum bekannt. ihr name wurde marke und referenz. alle bands, die
sich in dem feld betätigen, müssen sich bis heute an den mülheimern
messen lassen. das liegt nicht zuletzt an den besonderen auftrittsorten
wie kinos und ähnlichem, die konzerte von "bohren" zu einem
eindringlichen ereignis machen.
ende 2016 – das letzte album "piano nights" war schon drei
jahre alt, das 25-jährige jubiläum stand unmittelbar bevor – entschloß
sich die band zurückzuschauen auf eine so sicher einmalige geschichte
und karriere. "bohren und der club of gore" wären aber nicht
sie selber, wenn sie diese rückbesinnung einfach mit einer "best
of" begingen. nein, zunächst veröffentlichen sie einige lang vergriffene
alben neu: "sunset mission", "blackearth" und "geisterfaust".
das "durchbruch"-album "sunset mission" ist gar
erstmals auf vinyl erhältlich.
das letzte reissue erscheint am 13. januar: "geisterfaust".
der titel trifft es sehr gut, erscheint die platte doch sogar für "bohren"-verhältnisse
langsam, düster und gespenstisch.
zeitgleich tourt die band und veröffentlicht das doppel-abum "bohren
for beginners". das ist eine rückschau über (beinahe) alle ihre
alben. cd 1 heißt wie die gesamte zusammenstellung "bohren for
beginners", cd 2 "bohren for advanced". wie die namen
vermuten lassen, kommt cd 1 einer gängigen best of cd am nächsten. cd
2 soll dann wohl einen tieferen einblick in den "bohren"-kosmos
geben. spannend gestaltet sich da besonders "catch my heart",
eines der wenigen "bohren"-stücke mit gesang. gastsänger ist
niemand geringerer als mike patton.
alles in allem eine wirklich schöne art, das eigene vierteljahrhundertliche
jubiläum zu begehen. am ende soll bei all berechtigter begeisterung
auch noch platz für ein wenig kritik sein: beim durchhören der vier
alben stellt sich dann doch irgendwann der eindruck von gleichförmigkeit
ein. natürlich wird es schwierig, bei den reduzierten arrangements und
den bewusst begrenzten mitteln bei jedem album das rad neu zu erfinden.
dennoch steht die frage im raum, ob man nun wirklich alle wiederveröffentlichungen
braucht. aber allen, die noch gar kein album der band besitzen, sei
hiermit dringend geraten, das zu ändern!
(volker kindt)
bohren
und der club of gore @ world wide web
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