(staatsakt/universal)
ist
sie das nun wirklich? eine ambivalente frage, bei der zunächst das wonach
zu klären wäre. möglichkeit 1: leitfaden für alle gebrochenen herzen,
die hier endlich trost und bestätigung finden. möglichkeit 2: die wahrscheinlich
beste deutschsprachige platte seit jahren. oder, dritte möglichkeit,
doch beides?
fest steht, dass "isolation berlin" nicht nur den besten bandnamen
seit "ja, panik" haben, sondern ihr debütalbum, mit staatsakt,
auch auf dem gleichen label herausbringen. der "ja, panik"-vergleich
drängt sich auf, wenn man tobias bamborschke singen hört, und auch der
gern bemühte rio reiser vergleich ist in den besonders expressiven passagen
der platte nicht ganz von der hand zu weisen. trotzdem entsteht hier
etwas originär eigenständiges, das niemals in den verdacht platten epigonentums
gerät.
zugegeben, die erwartungshaltungen nach den zwei hervorragenden eps
"aquarium" und "körper" waren riesig. es wäre ein
leichtes gewesen, die besten songs dieser veröffentlichungen um drei,
vier neue songs anzureichern und daraus das album zu basteln. "isolation
berlin" gehen einen anderen weg. sie arbeiten konsequent am gesamtkunstwerk
und veröffentlichen kurzerhand zwei platten. einmal die kompilation
"berliner schule/protopop", die beide eps wieder zugänglich
macht und somit gleichzeitig retrospektive und fingerzeig ist und zum
anderen das erste echte album "und aus den wolken tropft die zeit".
zwölf neue songs, die einem den glauben an das konzept "album"
wiedergeben. alles daran scheint durchdacht und trotzdem kein bisschen
artifiziell. authentizität ist ja etwas, dass viel zu oft bemüht wird,
aber in diesem fall kauft man sie. jeder der einzelnen songs ist die
logische konsequenz aus dem zuvor gesagten und gefühlten. man kann das
nur als ganzes verstehen und die wahre größe erahnen. das heißt nicht,
dass der einzelsong nichts bedeuten und meinetwegen im radio oder der
persönlichen playlist verhallen würde, aber das ganze ist eben mehr
als die summe der einzelnen teile. schon das eröffnungsstück "produkt"
macht als eine art präludium deutlich, was den hörer erwartet. sparsam
instrumentiert mit orgel und prozessionsartig einsetzendem schlagwerk
ist dieses stück ein schlüssel für die gesamte platte, der sein schloss
nach zehn weiteren stationen im über allem thronenden und auf orgel
und stimme reduzierten ausgangsstück "herz aus stein" findet.
ein rahmen, der von der objektwerdung des herzens erzählt. in all seiner
tragik werden dazwischen der zusammenbruch der großen, idealisierten
liebe, das schiere verzweifeln daran, die wut auf das selbst und das
gegenüber sowie die dauerhaften schäden, die das alles mit sich bringt,
beschrieben. man kommt irgendwie durch, die frage ist nur, um welchen
preis. der verhärtete neue mensch der am ende dieser metamorphose steht,
ist das traurigste, was einem seit langem präsentiert und zugemutet
wurde.
und trotzdem ist dies eine wunderschöne und tröstliche platte, da sie
deutlich macht, dass man nicht allein ist mit der ganzen scheiße.
(mw)
isolation
berlin @ facebook
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