(ascot home elite entertainment)
in
einer gelungenen aber teilweise bewusst unvollständigen dokumentation
stellt der preisgekrönte filmer matt whitecross den wundersamen kometenhaften
aufstieg der fünf lads aus manchester bis zu ihrem höhepunkt, den massenkonzerten
in knebworth vor. er erzählt anhand von archivaufnahmen und augenzeugenberichten
effektiv, schwungvoll und mit witz die geschichte der von den berüchtigten
gallagherbrüdern angeführten band.
"oasis" waren nie positive working class role models. vielmehr
waren sie gewissermaßen eine karikatur von klischees, mit denen die
arbeiterklasse ridikülisiert wird; der prahlerische rauf-und trunkenbold
liam und noel, der smartere witzigere bruder, cool as fuck, und ihr
köstlicher größenwahn waren gleichermaßen unterhaltsam und von unwiderstehlicher
komik. was "oasis" wunderbar absetzte, war, dass sie scheinbar
vollkommen uncoole normalos wie den stoner guigsy und bonehead in der
band hatten, mit deren unprätentiöser art sich die leute gerne identifizierten.
zusammen auf der bühne waren "oasis" eine "force of nature",
die alles mitriß. kaum etwas überbot das gefühl, die ersten akkorde
von "roll with it", den gigantischen beat von "supersonic"
oder den anmutigen einstieg von "champagne supernova" live
zu erleben und sich von einer riesigen welle der euphorie mitnehmen
zu lassen. anders als "pulp" mit ihrer smarten gesellschaftssatire
oder die "manics", die ihre fans für literatur und feminismus
begeisterten und working class kultur und privilegien kritisch hinterfragten,
war liam vermutlich niemals auch nur zum ende eines enid blyton romans
gelangt. eine umso größere sensation war vielleicht, dass aus diesem
mann solche melodien kamen und er die songs seines bruders mit soviel
herz zu den leuten brachte.
"oasis" hauten einfach auf den putz und ließen den macker
raushängen. man musste sie nicht mögen. aber es war auch schwer, sie
nicht zumindest ein bisschen zu lieben. die aussage ging nie über etwas
hinaus, was einen kleinsten gemeinsamen nenner, die liebe zu musik und
outlawtum bedeutet hätte. während sein zeitgenosse nicky wire sich beim
gewinn des brit awards mit einem "i love hoovering" t-shirt
zeigte, das geschlechterrollen auf intelligente weise aushebelte und
eine rede gegen die abschaffung der gesamtschulen durch new labour hielt,
traf sich noel lieber mit tony blair, um seinen ruhm zu untermauern.
das heißt nicht, dass noel nicht auch ein guter, wenn nicht sogar unterschätzter
texter war. "i'm feeling supersonic - give me gin & tonic",
"where were you while we were getting high" oder "you
and I are gonna live forever" sind nunmal meisterhaft einfache
und und ikonische textzeilen, von denen es auf den ersten beiden platten
genug gibt. "oasis" verkörperten eine melancholie, die sehr
englisch war, aber immer paradoxerweise etwas aufbauendes, lebensbejahendes
in sich trug. leider geht der film kaum auf dieses phänomen ein. was
dagegen rüberkommt: das aufregende, eventuell subversive an "oasis"
war, dass 5 vollkommen irre, sogenannte "einfache leute" auf
koks und chrystal meth zusammen so etwas großes erschaffen hatten. mal
ehrlich: in der jetzigen sterilen britschool- karrieristenlandschaft
für priviligierte kaum noch vorstellbar, diese "glorious mess".
der film erlaubt erstaunliche einblicke, etwa aus noels zeit als kiffender
roadie bei den "inspiral carpets" oder über die epiphanie,
als er sein talent als songwriter entdeckte und sein ehrgeiz entfacht
wurde, sowie in rehearsals anfang der neunziger, als es eine kurze stagnative
durststrecke gab und schafft dabei eine gewisse tiefe im verständnis
der brüder und ihrer rivalität - auch durch das häufige zuwortkommen
der mutter gallagher als bindeglied des ganzen. das selbstzerstörerische
chaos, das es so fast nur bei britischen bands gibt, wird sehr nah eingefangen,
als bei einem auftritt im legendären whiskey a-go-go in la zwischenzeitlich
alles zusammenbricht. es folgt eine mehrtägige selbstfindung noels.
der verschwindet und selbstverständlich mit einer handvoll hits gestärkt
aus der krise hervorgeht. trotz dieses katastrophalen auftritts, schafften
"oasis" den durchbruch in der neuen welt - im gegensatz etwa
zu ihren erz-rivalen "blur", von denen und dem legendären
"battle of the bands" seltsamerweise in keiner sekunde des
films die rede ist. nicht erzählt wird vieles: die anhaltende kreative
dürrephase nach dem heyday (die "blur" in der geschichte für
viele zu nachträglichen gewinnern werden ließ) wird ebenso nur tangiert
wie der spätere split der band. man konzentriert sich lieber auf die
karrierehöhepunkte wie die beiden "generation defining" gigs
in knebworth, die zusammen 500.000 menschen sahen.
dort hört der film auf und das ist gut so, denn danach haben "oasis"
nie wieder etwas wirklich interessantes gemacht. den sensationellen
aufstieg von wenig ambitionierten außenseitern zur gefühlt größten band
der welt auf ihrem zenit fängt die dokumentation gut ein. so ist es
ein ergreifender moment, als die bandmitglieder samt ihrer alten wegbegleiter
und -bereiter vom helikopter aus auf die menschenmassen auf dem feld
in knebworth schauen und schließlich auf die bühne treten und die hölle
losbricht. so sollte man sie vielleicht auch in erinnerung behalten,
so wird der mythos konserviert.
(joachim büchner).
oasis
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