(pias)
als
vor etwas über zwei jahren trümmer mit ihrem tollen debut auf der bildfläche
auftauchten, glaubten viele schon an die rückkehr des deutschsprachigen
indie rock n' roll. endlich, die geniale antithese zu diesem deutschsprachigen
gefälligkeitspop à la wanda und konsorten der in den fußstapfen von
purple schulz und bap umherwatet. was für eine wohltat, weg vom angepassten
möchtegern-hipstertum, gegen den strom, mit systemkritischen umstürzgedanken
im hinterkopf.
die fülle an lorbeeren, welche die band erhielt und die zahlreich bemühten
vergleiche, die trümmer schon als neue blumfeld oder tocotronic abfeierten,
müssen auf die band monströs gewirkt haben.
der nun eingeschlagene richtungswechsel kommt daher irgendwie nicht
ganz unerwartet und lässt einen beim ersten hören doch etwas zusammenzucken.
die hamburger, die nun auf ein quartett angewachsen sind, lassen jegliche
ungeschliffenen ecken und kanten zurück und servieren stattdessen fein
durchproduzierten hochglanzpop.
tanzbarer - mit funky beats gespickt - kommt "interzone" um
die ecke, die
gitarren nur noch auf ein minimum verzerrt, der gesang sauber serviert
und jegliches geschrei und wut schnee von gestern zu sein scheint. geradezu
ironisch wirkt da doch der ausspruch "wir sind die kinder vor denen
uns eltern warnten" des opener "wir explodieren". ein
richtig guter flotter popsong mit viel dance-appeal zwar, der aber in
meinen ohren mehr mit ratloser unsicherheit als mit wütendem protest
zu tun hat.
das verwundert mich bei vielen jungen bands gerade immer wieder. wo
ist euer aufschrei, wo ist eure wut? gerade wenn man weiß, wo die band
sozialkritisch und politisch steht verwundern einige textzeilen schon
ein wenig. die welt brennt und die instagram-generation verkriecht sich
gemütlich angepasst ins schneckenhaus? so nach dem motto: "nee,
komm ey, lass revolution an der theke und auf facebook machen, aber
auf die straße bekommste micht nicht!".
ok, das gedanken einfach auf trümmer zu übertragen, ist sicher nicht
gerechtfertigt, aber musikalisch stört mich die glatte produktion doch
sehr.
zum glück lassen da die texte auf "interzone" genug interpretationsspielraum
um passagen zynisch und ironisch zu verstehen. wenn man das tut, macht
man mit dem "schwierigen zweiten album" seinen frieden und
kann sich an diversen stellen gut wiederfinden. glanzlichter wie "europa
mega monster rave" und das tolle abschließende "wozu noch
angst" retten "interzone" zum glück vor der deutschpop-beliebigkeit.
somit ist es ein gutes aber nicht überragendes zweites werk von trümmer,
in denen noch viel mehr potential schlummert. wetten?
(benny ruess)
trümmer
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