inzwischen sind etwas chaotische umstände bei interviews wohl
eher normalzustand als ausnahme. so auch bei bart davenport. das interview
konnte wegen verspätung und müdigkeit des künstlers erst
viel später stattfinden - kurz vor dem auftritt! tolle voraussetzungen!
und dementsprechend war ich auch wenig begeistert, als ich herrn davenport
im backstage gitarre klimpernd mit breiten grinsen antraf - der mann
war wohl besoffen. wider erwarten sollte sich mein gegenüber aber
als interessiert, äußerst auskunftsfreudig und sympathisch
herausstellen.
was sind deine einflüsse außer den im info genannten
paul mccartney, arthur lee (love) und gil scott heron?
"ich mag tropicalia und bossanova aus brasilien wie os mutantes
(großartige schräge brasilianische psychedelica!). brasilianische
musik der 60er und 70er sind ein großer einfluß. britischer
folk wie roy harper, fairport convention und the incredible string band.
eigentlich beeinflußt mich beinahe jede musik. ich mag auch rock
und blues. wenn du mich nach meiner top 5 der besten songs fragst, frag
ich "in welchem musikstil". ich habe eine top five im heavy
metal und ne top five im flamenco."
und heutige bands?
"the moore brothers. ich liebe feist. und natürlich meine
freunde von den kings of convenience, mit denen ich demnächst auf
tour geh."
du möchtest dich also stilistisch nicht festlegen? gibt's
demnächst ein bart davenport techno album?
"nein, ich möchte mich definitiv nicht festlegen! das nächste
album wird auch ganz anders. mit drummachines. nicht mehr so sehr 70ties,
sondern eher 80ties und ein wenig 60ties. ich will immer was anderes
machen. aber das "game preserve" album ist definitiv eine
homage an 70ties soft rock. der produzent und ich mögen beide diesen
sound wie al stewart. z.b. der drumsound auf dem album ist wie ´76.
das macht heut keiner mehr."
wenn wir schon in den 70ern sind: ist "euphoria or everyone
on earth…" eine homage an paul mccartney?
"nein, ich wollte eher singen wie phil liner von thin lizzy. aber
ich mag paul! stell dir vor: vor einigen tagen hab ich paul mccartney
getroffen! ich war auf einer fotoaustellung in london von einem seiner
freunde. die fotos waren alle von ihm. dann hab ich mit paul geredet
und fragte ihn, ob er mit mir ein foto machen würde. er sagte:
nein, ich mag dein aussehen nicht! natürlich meinte er dann: klar
mach ich das! so mit nem augenzwinkern wie in den beatles-filmen.
wir sind nicht weit von der reeperbahn entfernt. ich weiß, dass
in hamburg viel geschichte passiert ist, aber du musst wissen, wenn
du einen amerikanischen rockmusikfan auf hamburg ansprichst, denkt er
"beatles". es ist das gleiche mit liverpool. oder seattle.
wenn du leute in europa auf seattle ansprichst, denken sie "nirvana"."
ich hab gehört, dass nun einige künstler und musiker
nach der wahl sogar kalifornien und auch noch san francisco gen europa
verlassen wollen. kannst du das bestätigen?
(hier wird er sehr emotional)
"nein, das stimmt nicht. san francisco ist einer der liberalsten
orte der welt! es ist eine oase - liberaler als städte wie barcelona
oder amsterdam. es ist die liberalste stadt, in die ich je einen fuß
gesetzt hab! einige mögen vielleicht die usa verlassen, weil george
bush ein "motherfucking bastard" ist und wir ihn hassen. aber
nicht san francisco. dort gibt es mehr als 4000 homosexuelle ehen!
ich bin ziemlich geschockt wegen george bush: noch mal vier verdammte
jahre! in europa gibt´s "the real news". in europa berichten
zeitungen und das fernsehen die wahrheit oder näher an der wahrheit
über die amerikanische politik! wenn du in den usa bist, berichten
sie nicht die wahrheit! das macht mir angst. es ist alles korrumpiert!
wenn du in san francisco lebst, wunderst du dich, wie zum teufel bush
präsident werden konnte. bei den zahlen: sicher 90% waren für
kerry. gut, wir haben schwarzenegger, aber er ist kein typischer republikaner,
er ist einfach ein star wie ronald reagan. er ist ein filmstar aus österreich
und bush will die verfassung dahingehend ändern, dass du nicht
mehr in den usa geboren sein musst, um präsident zu werden, damit
arnold präsident wird!
aber bush will zwei positive dinge machen: zum einen will er arbeit
von mexikanern in den usa legalisieren. er kommt aus texas und kennt
die probleme der leute, die durch flüsse usw. kommen müssen,
um zu arbeiten. und er ist wirklich cool beim thema aids, es gibt also
tatsächlich zwei dinge, die gut an ihm sind.
das sind nur zwei dinge. die leute, die ihn gewählt haben, wollen
keine steuern zahlen. genau das hat bush ihnen verpsrochen. aber das
ist totaler unsinn! wir müssen steuern zahlen! das gehört
dazu, wenn man in einem land lebt, damit wir das sozialsystem bezahlen
können! die leute in amerika denken jedoch, dass man sich sozialleistungen
durch harte arbeit kaufen kann. das ist sehr egoistisch.
das ding ist, die leute haben wirklich angst vor terroristen. komischerweise
sind die küstenstaaten aber alle demokratisch. in der mitte wählen
sie die republikaner. und das problem ist, wenn es zu einem anschlag
kommt, dann an der küste! in new york, wo wir hillary clinton haben.
sie haben keine angst in new york, wo es ja passierte! und wir haben
keine angst in kalifonien, wo noch nichts passiert ist, wo es aber sicher
als nächstes passieren wird! l.a.! hallo? es wird sicher nichts
in indiana oder ohio oder "fucking utah" passieren!"
an dieser stelle wurden wir unterbrochen, da der gute herr davenport
auf die bühne musste. er gab noch zu protokoll, dass auch das cover
zu 'game preserve' klar als politisches statement zu verstehen ist.
gerne hätte ich den nicht zu bremsenden ausführungen noch
weiter gelauscht und das ganze noch in form einer diskussion vertieft.
beim nächsten mal vielleicht.
(interview: volker kindt / 09.11.04 / weltbühne hamburg)
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