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interview - divine comedy

an diesem abend sollte einiges anders laufen, als geplant. angefangen damit, dass wir aus verschiedensten gründen zu spät zum geplanten interviewtermin kamen, ging´s damit weiter, dass vor ort niemand überhaupt was davon wußte. zum glück schaffte es der veranstalter dennoch, ein interview mit neil hannon zu ermöglichen.
so traf ich auf einen stark verschnupften hannon, der nicht aufhörte, sich für sein niesen usw. zu entschuldigen und gleich ankündigte, in einer halben stunde auf die bühne zu müssen und daher um ein wenig anstrengendes und kurzes inzerview bat. nicht gerade gute voraussetzungen. jedoch bemühte sich hannon sichtlich freundlich und höflich zu sein und jede frage zu beantworten.

in den letzten drei jahren hat sich viel getan. damals hieß es, divine comedy wären nun eine band mit gleichberechtigten mitgliedern. dein kleidungsstil war anders und das album "regeneration" war sehr schlicht instrumentiert. "absent friends" ist nun das komplette gegenteil. warum?

hannon:
ja, wir waren eine band - für eine kurze zeit. ich mochte das album "regeneration", habe aber festgestellt, dass ich nicht damit zufrieden war, wie es entstanden ist. seit 95/96 spielte die band zusammen und hatte von platte zu platte mehr einfluß gewonnen. ich war an einen punkt geraten, an dem ich nicht wußte, was ich tun sollte, weil ich unzufrieden war. in so einer situation kannst du nur von vorne anfangen.

also ist "absent friends" dein erstes solo album?

h: nein, bis zum "casanova" album hab ich immer so gearbeitet, dass ich das meiste selber gemacht hab. der unterschied diesmal war aber die deutlich größere erfahrung, die ich inzwischen hatte, so dass ich nun das erste mal wirklich das hingekriegt hab, was ich wollte. "absent friends" ist das erste album, bei dem ich nicht enttäuscht war, weil mir nachher irgendetwas nicht mehr gefallen hat. inzwischen bin ich eben gut darin, leuten zu sagen, was sie tun sollen (lacht).

gibt es ein bewußt von dir entwickeltes divine comedy image, eine art "corporate identity"? identifizierst du dich mit einem gewissen dandy image?

h.: (verzieht etwas das gesicht) nun, ich habe halt versucht, schöne cover für die alben zu machen. die fotos und die kleidung sind natürlich komponiert. die anzüge, die locations und farben hab ich ausgewählt, den rest muß dann immer ein fotograf machen. zu hause lauf ich natürlich nicht so rum, wenn ich fußball gucke oder so.
ich weiß nicht, woher dieses dandy ding kommt. viele leute tragen anzüge bei der arbeit. ich trage auch anzüge bei der arbeit. auch viele andere musiker tragen anzüge wie nick cave oder elvis costello. mit dandy verbinde ich hüte, krawatten usw. sowas trag ich aber nicht. nur auf dem "casanova" cover hatte ich eine krawatte. das war, weil die musik so....roger moore style....60ties mäßig war. ich trage meist anzüge, weil sie am einfachsten zu tragen sind.

dann ist es aber doch ein image, wenn du zu hause anders rumläufst. die leute denken, wenn sie dich auf der bühne sehen, du seist ein dandy.

h.: ich möchte keine illusionen zerstören...ich mag das image, denn wenn ich in dublin einkaufen geh, erkennt mich niemand. ich mag dieses doppelleben.

was war das letzte buch, das du gelesen hast?

h.: woody allen - the complete prose. war sehr lustig. ist irgendwie als ob man seine filme sieht. kann ich sehr empfehlen! ihr seht, ich lebe nicht nur in der vergangenheit (lacht).

du singst in "absent friends" über oscar wilde...

h.: ich singe auch über laika, den weltraumhund, über steve mcqueen, jean seberg und woodbine willie, der ein anglikanischer minister zur zeit vom ersten weltkrieg war.

warum hat divine comedy ausgerechnet auf einem kleinen festival wie haldern mit einem orchester gespielt?

h.: es mag ein kleines festival sein, aber es war das größte publikum, vor dem wir in deutschland bisher gespielt haben. es war toll! und es hat uns in deutschland geholfen, weil alle ständig um die tour herum davon gesprochen haben. wir hatten volle hallen an allen abenden! so etwas macht interessant. deswegen hoff ich, dass wir´s bald nochmal machen können.

wurde das ganze aufgenommen?

h.: ich glaube, es wurde für´s radio aufgenommen (eins live!?!?!). aber wir haben ein konzert im londoner palladium gefilmt. das wird´s im oktober als dvd geben.

auch mit orchester und dem fulminanten queens of the stone age cover?

h.: ja, alles dabei...das qotsa cover war das einzige stück, dass ich selber arrangiert habe. ursprünglich nur für die uk tour.

und wie lief das mit dem orchester in haldern? hast du die musiker ausgesucht? und wie habt ihr geprobt?

h.: ein paar musiker habe ich ausgesucht. die anderen wurden dann wieder von denen ausgesucht. ich kenne einige leute, die gute musiker kennen usw. das orchster hab ich tatsächlich erst den tag vor dem auftritt getroffen und mit ihnen geprobt. die meisten von ihnen hatten noch nie von divine comedy gehört. andrew skeet(?) ist eine art musical director. er probte mit dem orchester. in vieler hinsicht sind die orchester-auftritte leichter für mich als diese zu dritt. (erst da habe ich erfahren, dass die band an jenem abend nur zu dritt war - d. autor) heute muß ich ja die ganze arbeit machen (lacht). es ist viel intensiver.

was sagst du zu vergleichen mit scott walker, besonders bei "absent friends"?

h.: nun, scott walker ist sowas wie mein gottvater! ich habe ihn entdeckt als ich ungefähr 20 war. seitdem ist er zu meinem größten musikalischen einfluß geworden. aber erst zu "absent friends" erlaubte ich mir, mich nicht dafür zu schämen (lacht). bei den anderen alben habe ich versucht, das etwas zu verbergen. diesmal ließ ich´s einfach laufen. wenn die songs so klingen, dann ist das ok. ich klinge mehr nach mir, wenn ich wie scott singe...

hier wurden wir leider unterbrochen, weil neil bald auf die bühne mußte. also begab ich mich schnell wieder in die halle, um den anfang des konzertes nicht zu verpassen. auch in hamburg war es voll. ein wunderbarer konzertabend begann. erstaunlicherweise vermißte man trotz der sehr minimalen besetzung bei den songs nichts!
hannon spielte klavier oder auch mal gitarre und sang. beides ausgezeichnet, vor allem im bezug auf seine erkältung erstaunlich! Wie er erwähnte, lag das wohl an den tabletten, welche er eingenommen hatte. in dieser atmosphäre von viren versus blockern entwickelte hannon im überfüllten saal richtige entertainerqualitäten. eine unglaublich smarte und symphatische erscheinung, die sich selber herrlich wenig ernst nahm. dazu die wunderbare songauswahl von beinahe allen alben mit unerwartetem, hits und natürlich "no one knows" von den queens of the stone age. zum krönenden finale des abends wurde das wunschkonzert der drei herren, die auf zuruf und aus dem stehgreif songs coverten. Und so sah also die zugabe aus: "eye of the tiger", "last christmas", "ring of fire" und "life on mars". die meisten stücke spielte hannon denn auch mit bravour, wenn man mal von der textsicherheit absieht... ach und aus "life on mars" wurde "spaceoddity". toll! insgesamt ein wunderbarer konzertabend, trotz der kleinen besetzung. ein wirklich guter musiker weiß wohl immer zu überzeugen, ob mit band, orchester oder eben nur mit klavier. freu mich jetzt schon auf die dvd...

(interview: volker kindt / 15.08.04 / knust hamburg)

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