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interview - cranebuilders

cranebuilders : interview

eigentlich müssten die cranebuilders aus liverpool viel größer sein. sie könnten einige namen fallen lassen. zu ihren fans gehören elbow-sänger guy garvey und der leider zu früh verstorbene john peel. sänger tom roberts schrieb sogar schon mit smiths-gitarristen johnny marr ein paar songs. doch trotzdem wissen noch zu wenige von dem quintett aus der nordenglischen hafenstadt. in deutschland gibt es nun seit kurzem das erste album »sometimes you hear through someone else«, das es im doppelpack mit der ep zu »you‘re song« gibt. derweil machen die cranebuilders schon weiter...

revolver club: ihr seid gerade im studio. wie weit seid ihr mit dem zweiten album?

tom: wir haben ungefähr dreizehn lieder fertig. ich weiß noch nicht, wann es rauskommen wird, aber es klingt sehr gut. ich werde noch ein paar gesangsspuren neu aufnehmen. die songs sind etwas lauter. aber es ist wohl noch zu früh, um zu sagen, ob es vollkommen anders als das letzte album sein wird. wir haben gelernt, unsere instrumente besser zu benutzen. der sound ist voller.

revolver club: wer produziert eure songs?

tom: wir arbeiten mit einem typen namens marcus stross. er lebt hier in der gegend, wo wir herstammen in liverpool. wir halten es alles nah zusammen, arbeiten mit leuten, die wir kennen. wir haben nicht viel geld. unser budget ist klein, deshalb haben wir alles in etwa sechs tagen fertig gemacht.

revolver club: wieviel zahlt ihr also?

tom: das studio war nicht teuer. vielleicht 150 bis 200 pfund pro tag. aber wir haben nicht alle aufnahmen im studio gemacht. wir haben freunde, die zuhause ihre eigenen kleinen aufnahme-anlagen haben. dadurch sparen wir geld. natürlich würden wir gerne mehr ausgeben.

revolver club: ihr macht viel selbst. ist das mit absicht oder ist es nötig, weil ihr einfach nicht das geld habt?

tom: natürlich auch wegen des geldes, aber wir sind außerdem ziemliche control freaks. wir wollen über alles informiert sein. wir hatten das glück, nette menschen zu treffen, die uns helfen.

revolver club: wie schreibst du songs? wann bist du am kreativsten?

tom: seltsamerweise, wenn ich glücklich bin. die lieder sind meist über reale geschehnisse. nicht unbedingt etwas, das mir passiert ist. einfach dinge, die menschen passieren. ich schreibe aber nicht, wenn ich in so einem zustand bin. also wenn ich niedergeschlagen oder klagend bin. erst wenn das vorbei ist, denke ich mir, dass es gut wäre, mal wieder einen song zu schreiben. dann kommt alles raus. aber es gibt keine feste routine. dafür bin ich nicht diszipliniert genug. ich bin meist einige tage unter dem einfluss eines buches, eines konzerts oder eines filmes. nachdem ich dann einige tage darauf rumgedacht habe, kommt etwas raus. außerdem kann ich gut unter stress arbeiten. wenn wir eine radio session haben oder ins studio gehen wollen. ich bin bekannt dafür, dann etwas aus dem stehgreif hervorzuzaubern.

revolver club: wo entstehen die songs? mit dir und einer gitarre oder einem klavier?

tom: ja, ein großer teil der lieder begann so. ich bringe sie zum proberaum und spiele es dem rest der band vor. oder ich nehme ein demo auf und gebe es allen. matt der bassist bringt kleine musikstücke mit, die noch nicht vollständig arrangiert sind, aber schon etwas struktur haben. diese werden meist hervorragend. sonst probieren wir etwas im proberaum herum. jeder macht etwas. nur auf dem ersten album war es so, dass die meisten songs von mir sind.

revolver club: welche emotionen sind mit den songs verbunden?

tom: die neuen lieder haben mehr energie, gehen etwa in die richtung von »public space«. wir stecken mitten in den aufnahmen. da erscheint alles vollkommen anders als bei der ersten platte. es gibt einen fortschritt, die lieder sind stärker. wir können uns etwas mehr ausleben. als wir anfingen, musik zusammen zu machen, haben wir in einem kleinen raum, in meinem wohnzimmer, geprobt. mit nachbarn um uns herum. unser drummer stephen hatte besen an seinen drumsticks. wir konnten nur mit kleinen verstärkern spielen, weil wir die nachbarm nicht stören durften. als wir dann größere gigs gespielt haben, kam das nicht so gut rüber. jetzt haben wir einfach mehr platz, mehr ausrüstung, einen anderen gitarristen.

revolver club: wenn ich euer album höre, fällt mir auf, dass die lieder zwar ruhig sind, aber sehr intensiv. siehst du das ähnlich?

tom: ja, ich konnte nie verstehen, warum uns die leute für ruhig hielten. ich weiß, wir sind ruhig und wir spielen ruhige lieder. aber ich hielt uns nie für eine von diesen pstpst, seid alle ruhig-bands. textlich ist es nicht zerbrechlich, sondern rauh und griffig. es handelt von intensiven, zwischenmenschlichen situationen. das muß nicht negativ sein. aber alltag halt: ärger, langeweile, frustration. das kommt dann einfach raus. diese intensität hat es. es ärgert mich, wenn wir mit ruhigen popbands verglichen werden.

revolver club: ich entdeckte euch für mich, als john peel anfang 2004 euer konzert beim eurosonic-festival in groningen spielte.

tom: das war großartig, weil wir john peel vor dem gig trafen. er lud uns zum essen ein. das bier ist ziemlich stark in holland und wir hatten eine gute zeit. ich bin nur froh, dass die performance gut klappte. es war einschüchternd. wir hatten nicht unsere ausrüstung dabei. und dann spielten wir auch noch vor john peel, den wir alle sehr verehrten. das war schwierig. einer der songs, die wir damals gespielt haben, wird vielleicht auf dem neuen album sein. wir haben dort »casualty« gespielt. aber inzwischen klingt es vollkommen anders. wir haben es geändert, wahrscheinlich werden wir sogar den text umschreiben.

revolver club: vor einiger zeit fand ich in einem laden, das »eight songs«-minialbum. ich habe gelesen, dass es davon nur 300 stück gibt. erzähl mir die geschichte dieser veröffentlichung.

tom: unglaublich, dass du das hast. ich selbst habe vielleicht noch zwei davon. das sollte eigentlich unser erstes album sein. wir haben damals mit einem plattenlabel in liverpool zusammengearbeitet, das gerade anfing. wir haben dan von earworm ein paar demos gegeben und er wollte eine single rausbringen, aber das funktionierte nicht so richtig. also hatten wir diesen haufen songs zusammen getan. wie eine etwas größere ep. da nichts passierte, wollten wir sie halt selbst veröffentlichen.
ein anderes label aus liverpool wollte es rausbringen. etwas mehr als sechs monate lief es alles sehr gut. doch dann haben sie uns einen vertrag vorgelegt. gebt die kontrolle für euer leben für die nächsten 25 millionen jahre an uns ab. ich sagte: moment mal. wir haben mit euch die letzten sechs monate als freunde verbracht. danach war das klima kaputt. keine seite wollte nachgeben und nichts kam dabei raus. dann kam mike cloud von devil in the woods. er mochte uns und bat uns um demo-aufnahmen. nachdem ich ihm diese schickte, fragte er mich, ob es in ordnung wäre, wenn er die lieder rausbringen würde.

revolver club: ihr beschreibt euch als losgelöst von der liverpooler musik-szene. was meint ihr damit?

tom: matt hat das geschrieben. ich sah das immer anders. das ist keine bewusste entscheidung, uns von anderen bands loszulösen. ich finde einfach, dass wir nicht wie die anderen bands aus liverpool klingen. wir haben nicht viel mit ihnen gemeinsam, obwohl ich die anderen getroffen habe und kenne. ich habe vor kurzem shaun von den zutons in einem second-hand-record-shop getroffen und dann reden wir halt. er ist ein guter freund meines bruders. aber wir hängen nicht zusammen ab. ich habe kontakt mit einem akustischen duo namens hokum clones. das liegt daran, dass danny der gitarrist mein bruder ist. es gibt aber nicht wirklich eine zusammenhängende szene. journalisten riefen mich an und fragten, was ich von bestimmten neuen platten hielt und ich konnte ihnen nur sagen, dass ich nicht wirklich etwas darüber weiß. dann habe ich mich schuldig gefühlt.

revolver club: wie ist die liverpooler szene heute?

tom: es gibt hunderte von bands. viele avantgarde-mäßige gruppe und natürlich viel klassische rock‘n‘roll-musik. mir gefällt die szene. ich finde, dass sie jetzt stärker ist als damals. es gibt viel mehr experimentelle bands. zum beispiel die band mugstar (http://www.mugstar.com/). es ist ziemlich heavy, aber es ist gut und einfach anders. fast seltsam, dass so etwas aus liverpool kommt. sonst gibt es viel americana. ich war vor kurzem bei einem konzert in einem haus. die band spielte im wohnzimmer. leute laden ihre freunde ein. alles ist sehr eng beisammen. das nennt sich americana uk.
dann gibt es noch einen neuen club namens korova bar (www.korova-liverpool.com), wo wir bald auftreten. der wird von den beiden männern von ladytron, danny und ruben, betrieben. da kommt viel seltsames und wunderbares. aber ich komme selbst selten raus. wir proben viel. ich sollte nicht zu rührselig wegen liverpool werden. es ist eine tolle stadt. es hat einige seltsame aura. die stadt ist so berühmt, aber eigentlich ist sie klein und hat eine ruhige mentalität. wenn ich gute laune habe, gefällt mir das. wenn nicht, hasse ich diesen ort.

revolver club: was ist guy garveys rolle bei den cranebuilders? fan? kleines bandmitglied, weil er auf zwei liedern der ersten platte im hintergrund sang?

tom: er hatte mit dem schreiben der songs nichts zu tun. er sang im hintergrund, was klasse war. mit guy ist das so: er hat uns bei unserem zweiten gig überhaupt gesehen. danach hat er uns immer wieder gelobt. wir spielten im night and day-café in manchester, als elbow gerade ihr erstes album fertig hatten. ich kannte sie durch das lied »newborn«. er kam zu uns und sagte, dass er unseren sound mag und fragte nach demos. am nächsten tag hatte ich dann eine nachricht von guy auf meinem anrufbeantworter: »ich kann diesen verdammten song nicht mehr aus dem kopf bekommen.« er ermutigte uns, die songs rauszubringen. davor wollte uns keiner hören, keiner gab uns eine chance. zu der zeit haben wir nicht mal einen gig in liverpool bekommen. wir waren sehr leise. und guy ist ja auch bei skinny dog records involviert, die unsere platte rausgebracht haben.

revolver club: du hast einige songs mit johnny marr geschrieben. erzähl mal, wie das war. und wie kam das?

tom: unser damaliger manager machte das design für das erste album von johnny. und dann hat johnny erzählt, dass er ein neues album macht und fragte mich, ob ich mit ihm songs schreiben würde. nur die texte, er hat die musik und die melodien schon gemacht. ich weiß gar nicht, was damit passiert. ich war bei der manchester against cancer-veranstaltung. johnny spielte ein paar smiths-lieder, aber auch ein lied, das ich mit ihm geschrieben habe. er hat den text etwas umgeschrieben. was ich für eine gute idee hielt. (lacht). er hat aber das konzept des textes bewahrt.

revolver club: die smiths sind eine der wichtigsten bands für mich.

tom: mir geht es genauso. es war großartig. das ganze begann mit einem anruf. hier ist johnny marr, wärst du interessiert, mit mir songs zu schreiben. er kam bei mir vorbei. wir haben uns wirklich gut verstanden. er blieb den ganzen tag. er zeigte mir, wie er gitarre spielt. danach war ich ziemlich aufgedreht. es war ziemlich stressig, mit ihm zu schreiben. ich schreibe sonst nicht so. ich lasse es sich gerne entwickeln. mit johnny musste ich sofort etwas bringen. aber das hat spaß gemacht. einige waren gut, einige nicht so. aber seine melodien waren herausragend. ich habe einen seltsamen satzbau, sagt man mir. und wenn man etwas für jemand anderen ausdrücken will, wird deutlich, dass sie so nicht sprechen.

(stj)

im april kommen die cranebuilders auf deutschland-tour.

die daten:
27. april hamburg astra stube
29. april frankfurt das bett
30. april langenau cafe kapillo
1. mai leipzig früh auf
2. mai erfurt museumskeller
3. mai köln subway
5. mai dresden groove station
6. mai berlin bastard

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