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interview - bloc party

turning away from the light, becoming adult turning into my soul
i wanted to bite not destroy, to feel her underneath turning into my soul

dies zeilen stammen aus der "bloc party"-hit-single "banquet". in absolut tanzbare beats verpackte gedanken übers erwachsenwerden, eine zeit der veränderung. für bloc party hat sich eine menge verändert, seit sie mit franz ferdinand vor knapp einem jahr auftreten durften, und schenkt man musikjournalisten vertrauen, dann wird sich noch eine menge für die londoner nachwuchsband ändern.
kele okereke (gesang und gitarre) und russell lissack (gitarre) sind jahrgang 81 und lernten sich in den festivalwirren von reading 1998 kennen. per zettelaushang fand man zuerst gordon moakes (bass und co-songwriter/singer) und schließlich auch matt tong, beide in den mittleren zwanzigern. bemerkenswert scheinen mir neben dieser geradezu selten gewordenen klassischen bandformierung die verzweigten musikalischen vorlieben der einzelnen mitglieder. während kele einem für sein alter zu altmodischen "best of the best"-geschmack fröhnt (talking heads, kate bush, björk, kraftwerk, david bowie), handelt es sich bei russel um den prototypen des britischen pop-boys. zartes wesen, den langen pony vor dem hübschen gesicht steht er unter dem einfluss von suede, radiohead, smashing pumpkins, new order und the smiths. gordon wiederum kommt aus der hard-core ecke und mag es düster (joy division, kubrick, mogwai, british post-punk, sonic youth), während der etwas abgedreht wirkende matt eine merkwürdige mischung aus neil young, black sabbath, fleetwood mac, supertramp und frühen dinosaur jr sein liebstes nennt.
der einflüsse gibt es also viele und das ist der formation auch mehr als bewußt. irgendwann hieß es, sich frei machen von dem gedanken, daß alles auf bereits existierendem aufbaut, und den eigenen platz in dieser selbstreferentiellen welt finden.

als wir den raum zum interview betreten, begrüßt uns ein ernster, zurückhaltender gordon mit dem artwork zum im februar erscheinenden album "silent alarm", die weiße winterlandschaft einer allee von kahlen bäumen. das folgende interview wird leider immer wieder unsanft von menschen, die den raum durchqueren, unterbrochen, so daß gordon und damit das interview immer wieder den roten faden verlieren.

vor einem knappen jahr habt ihr mit franz ferdinand gespielt. wie aufregend war das denn?

g.: ich kann mich erinnern, als sich diese möglichkeit bot, war das ein erstes zeichen, das sich die dinge positiv entwickeln würden. ich meine, franz ferdinand waren damals am beginn ihres aufstieges. als sich dann noch herausstellte, dass sie auch die allerherzlichsten typen waren, brauchten wir nicht mehr so aufgeregt zu sein. ... vor einem jahr waren sie ja in einer ähnlichen position, wie wir jetzt gerade sind, oder wo wir uns hinentwickeln, wo es nur noch eine frage der zeit zu sein scheint...

seid ihr immernoch aufgeregt, auch nach all dem rummel und dem touren?

g.: oh ja, ich habe gerade eben mal wieder die platte gehört und mich erinnert... manchmal versuche ich abstand zu bekommen und setze mich hin und höre unser album und dann erinnere ich mich an den moment, da ich die songs zum ersten mal gehört habe, und wie sich die dinge seitdem verändert haben... ich gewinne immer mehr abstand.

ihr seid ja auch ständig unterwegs. großbritanien, skandinavien, usa, frankreich, holland, jetzt deutschland und danach italien und japan...

(hierüber entspannt sich ein gespräch über die eigenart von japanischen fans, die total auszurasten.)

erwarte das bloss nicht vom hamburger publikum.

(hierüber entspannt sich ein gespräch über die eigenart des hanseatischen publikums, total reserviert zu sein.)

g.: ach, das bin ich aus london gewöhnt.

wirst du sentimental, wenn man dich an das "bull and gate" in kentish town erinnert? (wo bloc party eine reihe ihrer ersten auftritte spielten)

g.: (lacht) gute frage. ein wenig. das war eine aufregende zeit und auch beängstigend. wir hatten gerade einen drummer gefunden, nach anderthalb jahren nerviger suche, und es schien zu laufen. das "bull and gate" war also der erste schritt zum "gigging" für bloc party.
um ehrlich zu sein, ich bin froh, dort nicht mehr auftreten zu müssen. the cooper temple clause haben da schon "secrete shows" gespielt, aber ich finde so etwas sehr symbolisch für den punkt, an dem sich eine band befindet...
ich finde es toll, wenn man weiter kommt, und deshalb wäre es momentan keine option, zurückzugehen.

ähnlich, wie wenn leute fragen: "fühlst du dich eher als brite oder eher als londoner?", würde ich gerne wissen, fühlst du dich eher als teil einer bestimmten musikszene oder als teil einer kultur?

g.: zweiteres. wir werden viel nach der londoner musikszene gefragt, können uns aber nicht entsinnen, jemals teil einer szene gewesen zu sein. wir kommen ja auch nicht aus einem bestimmten stadtteil wie east london. im moment wohne ich zum beispiel nicht einmal in london und alle reisen zum proben nach west london an.
ich fühle mich nicht wie ein londoner und ich denke, wir haben eine gewisse distanz zu dem klischee. wir haben zwei jahre lang in london gespielt, waren aber nie eine "london band".

stimmt es, daß ihr kunst studiert?

g.: ach nein, wir sind vollzeitmusiker. um genau zu sein, war ich der einzige, der zuvor kunst studiert hat. russel hat soziologie und kele englisch studiert. (unterbrechung)
kultur ist uns nicht wichtiger, als sie anderen menschen ist.

gut, aber ihr macht doch einen recht reflektierten eindruck.

g.: wir sind lediglich aufgeschlossen und interessiert an dem, was um uns herum geschieht. ich denk da nicht drüber nach.

dann nimm es einfach als ein kompliment an eure lyrics. die betonen ja auch oft den unterschied eines amerikanischen und europäischen charakters. glaubst du, es gibt so eine art kampf der kulturen?

g.: das sind kele's lyrics...

an denen du aber mitarbeitest...

g.: ja, das stimmt, aber im bezug darauf bin ich mir mit auskunft nicht so sicher. die kulturellen unterschiede zwischen europa und den usa spalten ja offensichtlich auch großbritanien und ich habe den eindruck, die ältere generation ist noch antiamerikanischer eingestellt, als unsere. wir greifen auf, was uns umgibt.

was sind denn deiner meinung nach gute alte abendländische werte?

g.: warum fragst du?

ich denke, wir sind etwa im gleichen alter und gefangen zwischen dem willen zum fortschritt und der einsicht, nicht die ganze welt ändern zu können. in "plans" heißt es etwa:
wake up dreamer
it's happening without you
cut your hair and shave your beard
you squandered your chances
i'll give you a thousand pounds
to show me how you do it
stop being so laissez-faire
we're all scared of the future
(unterbrechung)
jedenfalls, als ich mir eure texte durchgelesen habe, bekam ich den eindruck von rebellischen, vielleicht auch verzweifelten und dennoch hoffnungsvoll romantischen, engagierten jungen männern.

g.: ich denke, die "sich abgefunden haben"-attitude ist typisch für unsere generation. es geht nicht mehr um die großen ideale, der sturm ist vorbei. die dinge werden sich nicht ändern - aber man kann persönlich stellung beziehen und das ist es, denke ich, was wir tun. gedanken und ideen können ändern, vielleicht nicht die welt, aber den menschen. für mich persönlich richten sich die text auch gegen "den feind" und sagen: "der schlechte weg ist der jetzige, aber nicht der einzige". es ist eine art herausforderung... (unterbrechung und abbruch durch tourmanagement)

schade, das hätte ein gutes gespräch werden können.

g.: schreib mir doch eine mail, dann vertiefen wir das thema.

die mail habe ich nicht geschrieben, vielleicht nach dem 21.12., wenn die tour mit dem auftritt im verrückten tokio erstmal zu ende geht.

(interview: wibke wetzker / 30.11.04 / markthalle hamburg)

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