home                                     club        musik        konzerte
plattenkritiken | popnews | interviews | popclassics | clubplaylists | plattenlabels

interview - spoon

britt daniel ist müde, blaß und braucht etwas zu essen. während seine bandkollegen jim eno und joshua zarbo wahrscheinlich auf dem dach des tourbusses liegen und ihre nasen in die ersten sonnenstrahlen über hamburg recken, sitzt britt mit mir in einem café mitten auf der reeperbahn. hinter uns gleiten gelbe fische durch ein aquarium, vor britt steht ein toast mit synthetisch-gelbem käse überbacken. irgendwo unter dem schmelz macht der sänger und gitarrist der band, die sich nach einem can-song benannt hat, tunfisch aus. "das kann ich nicht essen" meint er zur bedienung. ein missverständnis, über das britt hinwegsieht und während ich meine fragen stelle, ein wenig im toast herumstochert.

austin scheint ja eine wiege guter musik zu sein. spoon gibt es bereits seit 1994. wie denkst du über die entwicklung der lokalen musikszene?

britt: die musikszene ist toll, es gibt so viele plätze an denen bands spielen können. geht man an einem montag abend aus, dann gibt es bestimmt 40 verschiedene locations mit 40 verschiedenen shows, an einem montag abend... und es ist keine große stadt. für 200.000 bis 300.000 bewohner eine menge musik. (tatsächlich zählt austin 660.000 einwohner, aber nur die hälfte davon lebt in einem sogenannten stadtkern. man bedenke, dass offiziell 1,7 mio. menschen in hamburg wohnen) musiker werden normalerweise wohlwollend behandelt und es ist einfach für bands, an proberäume oder häuser zu kommen.

steht ihr in verbindung mit all den anderen bekannten musikern wie trail of dead oder saddle creek acts?

wir haben eine single auf saddle creek rausgebracht...

...ich meine eher so persönliche kontakte.

also menschen, mit denen wir ideen tauschen... da gibt es einen typ namens john clayton, von dem haben wir ein paar songs gecovert, die sind wunderschön, und der spielt wieder in einer band mit unserem bassisten und so zieht das eben seine kreise. ich habe 10 jahre lang bands kommen und gehen sehen. ich bin da allerdings relativ wenig involviert, da ich mich auf das songwriting für diese eine band (spoon) konzentriere. ich habe an einer platte für conor von bright eyes mitgearbeitet...

conor ist einer dieser namen, die immer im zusammenhang mit austin auftreten.

ja, conor wirkt an vielen ecken mit. es ist, als ob er alles um bright eyes herum sammelt. ich habe bei einem bright eyes konzert als bassist ausgeholfen.

welcher art war der einfluß mike mc carthys (produzent von trail of dead und jetzt auch von spoon) auf 'gimme fiction'?

wir hatten noch gar nicht richtig mit der platte angefangen, aber schon ein paar songs über 2-3 wochen mit freunden aufgenommen, und das klang alles ganz gut. dann haben wir ein paar weitere mit john mcentire von tortoise erarbeitet und geliebt, was er dazu beitrug, aber am ende wollten wir mit mike weitermachen. wir haben ein gutes system entwickelt und hätten wir nicht seit letztem juli mit ihm produziert, ich würde wohl nicht hier sitzen und mit dir reden, denn dann wäre die platte wohl nie fertig geworden.
wir arbeiten zuerst immer eine menge allein an unseren songs. mike sagt dann eher, ob etwas funktioniert oder nicht. dabei kann er brutal ehrlich sein und das ist gut. es tut zwar ein bißchen weh, aber lieber so, als mit menschen zu arbeiten, die dir die arbeit versauen.

gibt es so eine art rahmen, der die platte thematisch zusammenhält?

es ist eine art reise, die an einem ort beginnt und an einem anderen endet. aber es ist kein konzeptalbum. hauptsächlich sind es einfach die besten song. ich habe einige mehr geschrieben, kann aber alben nicht leiden, die lückenfüller enthalten.

warum regnet es zwischen "was it you?" und "they never got you" (soundsample als übergang von track 9 auf track 10)?

das ist gefühlsbedingt. zwischen den songs mußte ich die stimmung umschwenken lassen. "was it you?" ist eher gesichtslos, kein besonders persönlicher song. "they never got you" kommt viel mehr von herzen. die songs einfach so nebeneinander zu stellen, fühlte sich falsch an.

du wolltest eine brücke schlagen?

ja.

warum ist "they never got you" so persönlich?

well, hör dir einfach den text an...

(hab ich getan. handelt von verfehlungen zwischenmenschlicher art und fällt musikalisch durch eine affinität zu den späten beatles auf. die sind auch eine von vielen referenzen, die britt aufzählt.)

während eure frühen alben von independent bands wie den pixies, modern lovers, nirvana und pavement beeinflußt waren, hört man inzwischen lediglich noch etwas wire heraus. was sind die einflüsse auf 'gimme fiction'?

prince, the beatles, rolling stones, bee-gees, sam cooke... (und so geht die liste immer weiter.)

alles klassiker! du verstehst es, alle möglichen elemente zu etwas ganz eigenem zu verbinden.

just happens.

diese antwort bekommt man ja immer von bands. und trotzdem gibt es modewellen. momentan klingt alles nach den 80ern und gang of four.

ich liebe so viele platten aus den 80ern und mir ist auch bewußt, daß viele bands auf der 80er-welle schwimmen, duran duran. vielleicht wollte tatsächlich etwas in mir dagegen setzen. ich meine, ich denke da nicht viel drüber nach, aber ich werde keine "romantische" platte machen, um zu dieser szene dazuzugehören. das überlasse ich den killers und den kaiser chiefs. (setzt ein "silly"-lächeln auf)

wie denkst du dann über interpol?

i love them? (muß lachen) see, they are really a rock band! (das mußte ich wörtlich wiedergeben.) ich würde interpol nie mit diesem "enemie-bubblegum"-pop in verbindung bringen.

das publikum, für das ich auflege, tanzt direkt nach interpol zu den killers weiter.

die singles der killers sind so viel leichter zu konsumieren. interpol sind viel herausragender und gefestigter. die werden den trend überdauern, denn sie sind wirklich sehr talentiert.

in den usa tourt ihr mit the clientele, was viel stimmiger scheint.

ich mag deren platten sehr gerne und wenn ich mir einen support für die tour daheim hätte aussuchen dürfen, wären es the clientele gewesen, nur hatten sie keine aktuelle platte draußen. na jedenfalls haben wir sie gefragt, ohne hoffnung, das es klappen könnte, und sie haben zugesagt. die musiker hatten gerade ihre jobs geschmissen und deshalb zeit, mit auf tour zu gehen. eine freudige überraschung.

zum schluss was ganz anderes: kannst du mir etwas über das cover erzählen (ein feuerroter kapuzenumhang)?

die person, die es ausgesucht hat, dachte da an rotkäppchen, was ich zu beginn für eine alberne idee gehalten hab, aber als ich die fotos das erstemal gesehen habe, fand ich sie sehr mysteriös.

es hat so was zwischen heiliger madonna und elfenumhang, das paßt in meinen augen sehr gut zum titel 'gimme fiction'. du bist müde, oder?

maybe.

das ist die erste "mysteriöse" antwort, die etwas von daniels spröder art, welche sich in anderen interviews abzeichnete, erahnen läßt. wir brechen also unsere bohrarbeiten ab, die in daniels gedanken und jene in seinem toast auch. kein offensichtlicher mensch und keine offensichtliche musik. die songs auf 'gimme fiction' sind zu vielseitig, als daß man sie unter indie verbuchen möchte. anspruchsvoller pop trifft es besser, und einen hit hat die platte auch zu bieten: "i turn my camera on".

(interview: wibke wetzker / 11.04.05 / große freiheit 36 hamburg)

weitere interviews