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interview - stella

stella : interview (30.10.04 / weltbühne hh)

das schlimmste, was einem während eines interviews passieren kann, ist ein technischer defekt, totalausfall des aufnahmegerätes, totalausfall im hirn. so etwas, was eigentlich nie passiert. ausgerechnet sitzt mir in so einem moment eine äußerst selbstbewußte musikerin gegenüber. doch zum glück habe ich noch einen trumpf im ärmel: meinen stenotypisten, der fleißig versucht, die statements der stella-frontfrau elena lange über musik, mode und den irak mitzuschreiben.
stella bedeutet für die 28jährige, sich musikalisch auszutoben, zu experimentieren, immer neues zu kreieren. stella versuchen popelemente in die welt des punks und des house einzubringen, was ihnen zweifellos gelingt, wie sie später am abend beweisen werden.

aber elena singt nicht nur bei stella, ebenfalls ist sie bei tgv aktiv, fällt es da nicht schwer, die einzelnen projekte zu trennen und was passiert mit ideen, die man während der bandprobe der gerade anderen band hat?

elena: es gibt immer gewisse stücke, die parallel genutzt werden, manchmal textsequenzen, manchmal samples. einmal hat mense aus einem der texte, der eigentlich für tgv gedacht war, einen stella-song gemacht, aber im großen und ganzen sind tgv viel einheitlicher.

den vorwurf des fehlenden einheitlichen stils dementiert elena. wer lieber nur einen style mag, der ist bei stella falsch aufgehoben. sie seien eben abwechslungsreich, aber trotzdem immer wieder erkennbar durch ihre unverwechselbare stimme.

das cd-cover von ‚better days sounds great' hat für ein wenig wirbel gesorgt. manche sehen eine hommage an die frühen 1970er, andere bezeichnen es schlicht als geschmacklos. mich erinnert es an das buchcover von rocko schamonis ‚risiko des ruhms'.

das rocko schamoni-cover kennt elena leider nicht, allerdings begeistert sie die bezeichnung ‚geschmacklos'. sie findet es sogar super, dass die leute so etwas sagen, denn das zeigt, dass ihr cover gefühle ausgelöst hat. eigentlich wollten sie nur kein hippes cover, dafür war ihnen tiefe im bild wichtig. der künstler stefan apri wurde engagiert. rausgekommen ist ein bißchen was anderes, als man sich vorher vorgestellt hat, aber das sei ja immer so. zufrieden sind stella trotzdem, auch weil eine gewisse wärme vom bild ausgeht, und das findet elena gelungen.

die 1970er jahre passen ja auch prima zum fleetwood mac cover ‚dreams'. wie seid ihr gerade auf diesen song gekommen?

elena hat sich zwischen den letzten zwei stella-alben mit der musik der 1970er auseinandergesetzt und dabei erst vor 2 bis 3 jahren fleetwood mac entdeckt. sie mag das trockene schlagzeug, und außerdem kann sie so endlich mal ein liebeslied singen. das schnulzentexte schreiben läge ihr leider selber nicht, da hat sie die chance einfach ergriffen.

die modefrage interessiert mich natürlich auch brennend. darf der hamburger diskurs pop designerklamotten tragen, und inwieweit verbindet stella aussehen mit image?

ach ja, die designerklamotten, da war elena noch jung, 24 oder so, als ihr als großer uk-garage-fan style besonders wichtig war. heute ist das anders, denn musiker sind schließlich keine fashiondesigner. auf tour zählen der fertigste look, die tiefsten augenringe. doch wenn menses jacke einfach scheiße aussieht, dann muß sie eben in den müll. zumindest wird so lange jacken-mobbing betrieben, bis er sie freiwillig im kleiderschrank läßt.

für die zukunft haben stella ins auge gefaßt, vielleicht mal ein projekt mit von spar zu machen und natürlich ´ne neue platte, aber jetzt sind sie erstmal froh, dass die tour vorbei ist und sie wieder im eigenen bett schlafen können.

aber eine geschichte hat elena noch für mich parat: sie wurde mal fürs irakische radio interviewt, in berlin. bagdad wollte eine kulturbrücke zur europäischen musik schlagen. dafür waren stella gerade recht, denn die musiktechnisch kompetenten menschen kannten neben britney spears nur noch metallica. vielleicht dachten sie ja, dass stella eine mischung zwischen beiden wären. für die musikszene in bagdad mag das vielleicht zutreffen, für uns zum glück nicht, denn trotz der angeblichen tourmüdigkeit, sparsamer bühnenbeleuchtung und ‚high-tech'-anlage haben stella an diesem abend alles andere als ein geschmacklos-konzert auf die weltbühne gebracht.
(sz)

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