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interview - moneybrother

ein weißer schwede, der aus seinem kalten land auszog, um den soul, die musik der schwarzen, zu predigen. anders wendin alias moneybrother hat sich genau das in den kopf gesetzt. früher noch mitglied der ska-band monster ist er nun auf solo-pfaden unterwegs und begibt sich in einen musikalischen kontext, den man in europa und vor allem in schweden niemals erwarten würde. zusammen mit den figurines war er drei wochen auf deutschland-tour und hat uns vor seinem abschluss-konzert im hamburger molotow zu erklären versucht, woraus seine leidenschaft zum soul entspringt.

wenn man deinen künstlernamen "moneybrother" und vor allem deinen album-titel "blood panic" hört, kommt einem eher amerikanischer hardcore in den sinn als schwedischer soul und reggae.

nun. wie würdet ihr jemanden nennen, der so eine musik macht wie ich? ich werde oft auf meinen namen angesprochen. im grunde finde ich ihn einfach cool. wenn ich auf die bühne gehe, werde ich zu moneybrother. die leute sagen, der name klingt nach einer rockband oder hip hop-band. für mich klingt der name allein noch nicht nach musik, ich muss ihn erst mit musik füllen, um ihm eine bedeutung zu geben.

"reconsider me" war in schweden ein sommerhit und auch in deutschland sehr erfolgreich, vor allem durch den hype, den charlotte roche ausgelöst hat. wie gehst du mit dem erfolg um? bist du überrascht?

ich bin sehr glücklich, aber ich würde nicht von erfolg sprechen. würde ich sonst in einem club wie dem molotow spielen? ich mache eben musik, die ich selbst gerne mag und bin deshalb nicht überrascht, wenn andere leute das auch mögen. es macht aber natürlich viel mehr spaß, vor ausverkauften clubs zu spielen. früher mit meiner band monster war das noch nicht so.

wie ist deine arbeitsweise? besteht ein großer unterschied, ob man in einer band ist oder solo?

wenn du genau weißt, wie deine musik klingen soll, dann brauchst du keine band. in der band muss man kompromisse schließen, alle entscheiden gemeinsam. solo ist das nicht mehr so. ich kann genau das machen, was ich will, und das gefällt mir besser. natürlich brauche ich hilfe im studio oder bei live-auftritten, und deshalb arbeite ich mit professionellen musikern, die genau das spielen, was ich mir vorstelle. außerdem ist es wichtig, ein gutes verhältnis zu seiner band zu haben, sonst wird es auf so einer tour schnell sehr einsam. viele in der band kenne ich schon lange und bin mit ihnen befreundet.

du hast mal gesagt, du bist ein weißer schwedischer punk, der versucht soul-musik zu machen und dass man diesen kampf auf dem album hören kann.

wenn man das album hört, dann hört man eine person, die probiert, musik zu machen, die sie eigentlich nie ganz in den griff bekommen kann. ich singe über starke emotionen und probiere etwas aus, was mich vielleicht übersteigt. es wäre einfach für mich, ein punk-album zu machen, aber ich will soul machen, und das ist eine große herausforderung für mich.

deine songs bestechen durch einen sehr satten sound, der vor allem durch die vielen streicher und bläser hervorgerufen wird. dabei geht der trend doch gerade in richtung minimalismus.

ich mag sehr gern minimalistische musik, aber ich will wirklich große musik schaffen. das nächste album wird da noch pompöser. ich will wie ein orchester klingen ohne die typischen arrangements. ich will rock'n'roll machen, aber eben den ganz großen.

wir möchten gerne mal auf deine texte zu sprechen kommen. es ist auffällig, dass deine songs sich fast immer um das thema liebe drehen, häufig um unglückliche, z.b. wenn man verlassen wird oder eine krise in einer beziehung durchlebt. glaubst du nicht an eine glückliche beziehung?

natürlich glaube ich daran. ich glaube an glückliche liebe und treue. ich weiß nicht, ob mir das jemals passieren wird, aber ich hoffe es. meine texte sind natürlich eher traurig. aber wenn du gerade in einer glücklichen beziehung lebst, hast du besseres zu tun, als stücke zu schreiben.

also sind deine songs sehr persönlich? man kann in deinen texten oft situationen entdecken, die einem irgendwie vertraut scheinen.

so ist das bei songs über liebe häufig. ich singe über beziehungen zwischen männern und frauen und viele menschen kennen die situationen, die sich in so einer beziehung ergeben können. es gibt so viele verschiedene arten, über liebe zu schreiben. in "feelings getting stronger in the dark" geht es um diese großartige nacht mit einer frau, bei der du danach nicht weißt, ob es nach dieser nacht vorbei ist oder ob mehr gefühle im spiel waren. in einem anderen song singe ich über meine ex-freundin, bei der ich ganz genau weiß, dass sich zwischen uns alles erledigt hat. es sind sehr verschiedene themen, aber beides liebeslieder. ich kann meine songs alle auf ein bestimmtes persönliches gefühl zurückführen. ich denke viel über liebe nach.

du kannst aber auch politisch werden, vor allem in deinem song "don't call the police". dort geht es um polizeigewalt. der song ist eine reaktion auf die demonstrationen während des eu-gipfels in göteborg, bei denen ein demonstrant von einem polizisten erschossen wurde.

ich mache soul-musik, und soul-texte müssen von stark emotionalen, wichtigen dingen handeln, die man herausschreit oder über die man weint. viele menschen sind aufgebracht darüber, wenn sie von jemandem hören, der unfair behandelt wird, so wie es z.b. den demonstranten in göteborg passiert ist. allerdings glaube ich nicht, dass ich die gesinnung von menschen ändern kann, wenn ich einen song schreibe. ich möchte lediglich musik machen, mit der ich mir gegenüber ehrlich bin. ich bin nicht wie dennis lyxzen. ich hab großen respekt vor ihm und was er mit international noise conspiracy macht. für seine musik ist politik ausschlaggebend. doch bei mir geht es eben nur um musik. musik, die von meinem herzen kommt. dadurch entstehen dann traurige oder fröhliche songs oder songs, die aus einer politischen reaktion heraus entstehen.

was haben wir von deinem neuen album zu erwarten?

es wird sehr viel dramatischer und größer sein. mit vielen streichern, sehr pompös. ich will mich noch steigern, auch wenn die leute oft schnell das interesse an so einer orchestralen musik verlieren und lieber wieder nur gitarre und bass hören wollen. aber ich liebe es, in einer sekude von nur einer gitarre zu hundert instrumenten zu gelangen.

spürst du einen gewissen druck seitens der öffentlichkeit nach so einem erfolgreichen debut-album?

ein bisschen. in deutschland bin ich ja noch nicht so bekannt, aber in schweden kann ich schon von einer art karriere sprechen. letztlich kann ich nicht abschätzen, was die leute von mir hören wollen. ich mache einfache weiter meine musik, mache ein album, das ich will, und denke nicht darüber nach, was andere von mir wollen. natürlich will jeder geliebt werden und es ist schwer, sich von den erwartungen anderer zu lösen, aber die liebe kann nur anhalten, wenn man ehrlich zu sich selbst ist.

und mit diesen worten war das interview vorbei und wir konnten uns später davon überzeugen, wie emotional moneybrother seine songs präsentiert. das publikum völlig in seinem bann haut er einen hit nach dem anderen raus und weiß vor allem durch seine starke begleitband und die markante stimme zu begeistern. man muss allerdings auch auf die sehr pathetische, sich nahe am schmalzpunkt befindende musik stehen, um in eine art ekstase zu geraten. die, bei denen das der fall war, waren 90 minuten ergriffen und am tanzen. man kann sich streiten, ob man herrn wendin selbstüberschätzung vorwerfen muss oder ihn vergöttert, fakt ist, dass er eine super live-show zu bieten hat.

(interview: sabine zaeske und torben deinert / 31.10.04 / molotow hamburg)

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