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interview - pink turns blue

in der rezension zum neuen pink turns blue album war dieses interview ja bereits angekündigt. so trafen wir im kir, wo ich bislang noch nie ein konzert gesehen hab, auf den ptb chef mic jogwer. der war scheinbar extrem gut gelaunt und hörte gar nicht mehr auf zu erzählen. so kams zu meinem bislang längsten interview, was in diesem fall angenehm war, ist mic doch ein sehr sympathischer mensch, der wahrlich einiges zu erzählen hat. dennoch hab ich das interview zur besseren lesbarkeit deutlich gekürzt.

warum die reunion? warum jetzt?

das war eher ein zufall. bridget und ich haben vor ungefähr zwei jahren hier in hamburg gelebt. sie hat in einer punk band gespielt - violetta superstar oder so. die haben überwiegend sex pistols gecovert. sie meinte, da gäb´s so nen stadtsampler und dafür bräuchte sie nen eigenen song. "schreib mir doch mal nen song, ich kann da kein sex pistols cover drauf machen." dann hatten wir drei tage zeit in nem studio, haben drei songs geschrieben. das war der anfang. wir haben dann weitergemacht und haben die sachen verschiedenen leuten vorgespielt und auch thomas görner. der macht das wave gotik treffen (wgt). er hatte die idee, die songs live zu präsentieren. nur waren wir halt nur zu zweit. also hab ich die leute von früher angerufen. und sie haben tatsächlich zugesagt. so nach 10 jahren einfach mal treffen und spielen. es haben einfach alle "ja" gesagt. dann haben wir uns einen tag zum proben getroffen und sind am nächsten tag beim wgt aufgetreten. das war ein ziemlicher erfolg.
in der "dunklen szene" gab es zu der zeit fast nur diese elektro acts und mittelaltersachen. ganz wenig so bands, die einfach zu fünft auf die bühne gehen und sound machen, eher dieses post punk ding: du musst nicht spielen können, du musst nur einfach ne aussage haben.
als ich zur musik kam, war´s genau so: da gab´s die punker, die waren eher so ollollolloll, so dieses tempo und [mit sehr ironischem unterton!] wir waren halt studenten. da war alles etwas intellektueller, wir wollten richtige texte haben und dann wurden die stücke auch langsamer...

du hast auch musik studiert, oder?

ja, ich hab richtig jazz studiert. kontrabass. das war aber nach 2 semestern so was von scheiße langweilig, so dass ich in köln auf anzeigen reagiert habe. und da ging´s halt gerade los in köln: nachts john peel hören, joy division, jesus + mary chain und hüsker dü. und klar das machten wir auch. haare färben, schwarze sachen anziehen, rauf auf die bühne.
und auf dem wgt waren wir halt die einzige band, die so unterwegs war. dann habe wir uns das ernsthaft überlegt. aber wir brauchten ne platte. die alten gibt´s ja nicht mehr, weil das label pleite gegangen ist. ich hab dann die richtigen leute gefragt und auf dem richtigen fuß erwischt und hab gesagt, wenn ihr die rechte nicht mehr braucht,...
in folge gab´s dann die reunion cd mit den songs drauf, die uns gefallen. zur veröffentlichung dieser cd haben wir dann das offizielle reunion konzert in bochum gemacht. 15. mai letzten jahres war das.
das war sogar ausverkauft. die leute kamen aus ganz deutschland mit 20 jahre alten ausgewaschenen t-shirts. die standen schon mittags vor der tür. und wir dachten nur "oh gott, das ist genau das, was wir nicht wollen", also leute, die noch schrecklicher aussehen als wir und noch älter sind. so abgeranzte leute, die vor 20 jahren mal mit der bierflasche in der hand auf dem sofa eingeschlafen sind und wieder aufwachen. die können auch liebenswert sein, aber die können auch hart sein! aber es waren auch jüngere da. recht gemischt. dann kamen anfragen von festivals. wir haben ja auch das glück, dass viele, die uns damals richtig klasse fanden mit 15/16, inzwischen chefredakteure oder sonst wie in wichtigen positionen sind und so halt viele über uns schreiben.

ist es für dich komisch, die texte zu singen, die du bereits vor 20 jahren gespielt hast?

nein, die, die ich jetzt singe, nicht, aber es gibt sicher einige songs, die erreichen mich nicht mehr. die songs die wir uns ausgesucht haben, sind dann eher die mit besseren texten. komischerweise meinten die meisten leute zu unserer auswahl, dass das die richtigen seien. einige hätten nur noch gerne after all oder aerdt gehört.

wie kams zu der zusammenarbeit mit eurem alten produzenten janez krizaj?

wir hatten also diese festivals gespielt, hatten spaß dabei und haben gedacht, wir müssen jetzt anfangen, songs zu schreiben. wir haben einige geschrieben bis es genug waren, von denen wir meinten, sie seien stark genug, um sie auszunehmen. wir haben diese demos dann janez zugeschickt und der wollte sie gleich machen. er verdient inzwischen mit producing von internationalen popbands sein geld. ihm fehlte aber auch so´n bisschen dieses handgemachte etwas schräge.

handgemacht...warum ist auf dem album ein programmiertes schlagzeug?

warum programmiertes schlagzeug? das ist ein echtes! es gibt hier und da ein paar loops, aber sonst ist es ein echtes schlagzeug. vielleicht hat janez es etwas hart produziert? oder vielleicht wirkt es durch die loops etwas mechanisch.

das neue album schließt ja an die ersten vier an. "sonic dust" und "perfect sex" waren ja ganz andere geschichten. wie kommt´s zu dem sound?

das kannst du nicht steuern. sonic dust ist entstanden, weil wir in london waren. ich hab damals engineered für p.j. harvey und für suede. ich hab damals im maximum recording studios gearbeitet. das studio ist in südlondon. da wurden damals alle bands durchgeschickt für ihre ersten aufnahmen. da hab ich leute erlebt, nicht nur die beiden, junge bands, die aus dem proberaum kommen und mit einem ganz neuen sound begeistern. deutschland war ja immer importland. du hast hier ja immer stile und trends gehört als sie eigentlich schon durch waren. hier waren sie neu und für dich auch. und in dem studio hab ich halt mein geld mit engineering verdient. und unter dem einfluß und unter dem des typischen manchester rave sounds ist dann sonic dust entstanden.
perfect sex haben wir mit dem producer von cure und sisters, dave allen, aufgenommen. der fand unseren sound irgendwie gut. das album war überproduziert.
wir haben uns überlegt, das sind wir aber nicht. dann haben wir so´ne art sinnsuche betrieben und so kam´s zu den neuen songs. klar ist das nicht mehr so wie vor 20 jahren. man hat andere geräte, man hat andere sounds, man ist woanders. gleichzeitig haben wir aber gemerkt, was pink turns blue ausgemacht hat und wollten dann nicht mehr versuchen, irgendwer anders zu sein, trendy zu sein oder auf irgendeinen zug aufzuspringen. man kann auch sagen, wir haben gelernt, zu unseren schwächen zu stehen. wir sind halt ne fucking deutsche band, die so´n sound macht, die grufties klasse finden und das isses jetzt.
wir haben die grufties lieben gelernt. früher hatten wir ein problem damit, dass wir grufties genannt wurden. wir kamen aus ner anderen ecke, dieser kölner joy division/studi ecke. das mit den grufties kam dann ab 89. vorher gab´s das gar nicht so. das wurd dann immer extremer, als dann die interviews so gingen: "wie sieht dein verhältnis zum teufel aus...am ende von the first sagst du doch so was, das ist doch der teufel, oder?" eh, neee. am ende von dem song ist so´n kleines mädchen zu hören, das zufällig bei den aufnahmen durchs studio lief und was auf jugoslawisch sagt, ich weiß gar nicht was. und da ich sonst den gesang hätte neu aufnehmen müssen, haben wir´s gelassen, weil´s auch so gut klang.

seht ihr euch denn als gothband?

wir finden es vollkommen cool, ne gothband zu sein. wenn die leute sagen wir sind ne gothband, dann sind wir ne gothband. es ist uns einfach scheißegal. das extrovertierte find ich irgendwie auch gut. das haben wir damals auch gemacht. orangene haare usw. es macht einfach spaß, sich zu inszenieren. unsere ersten konzerte waren gallerien. mit rauschenden fernsehern übereinander getürmt und gleich spielt übrigens auch noch ne band...das war damals halt so. und inzwischen stehen wir dazu. im prinzip sind wir eine wavepopband.

eure einflüsse?

klar, joy division waren unsere helden. jesus and mary chain waren für mich persönlich der wahnsinn. hüsker dü. siouxsie auch. also alles was so im postpunk so unterwegs war. das waren die ollen. ich lieb halt melodien. nicht nur attitude. die neuen bands, die ich total gerne mag sind interpol, die find ich super, libertines, franz ferdinand, moby, die alten sachen und house.
bei uns ist das sehr gemischt. marcus hört industrial. der kommt immer mit den ganzen sounds und dreht die songs erstmal auf halbe geschwindigkeit. bridget steht auf miss kitten und co. louie ist ein typischer engländer, der steht auf gitarrenbands. pixies sind seine helden.

zukunftspläne?

wir sind da so´n bisschen spontimäßig unterwegs. wir haben sehr viel spaß miteinander. das ist das wichtigste. schön ist, wenn die leute bei den konzerten auch´n bisschen spaß haben, das sieht so aus, bei der platte auch. sind eigentlich etwas überrascht von der resonanz. die platte hält sich seit 6 wochen auf drei in den dac charts, gleich hinter new order. In den alternative charts ist das album seit drei wochen in den top 10 vor deine lakaien, boa und moby. die konzerte sind gut besucht. von daher können wir nicht klagen. ich glaub, solche musik ist einfach wieder im trend. "echte" bands stellen sich auf die bühne wie franz ferdinand oder interpol und machen nen sound der vielleicht etwas hintergründiger ist. obwohl der aktuelle trend ist ja schnappi pop. schnappi ist richtig klasse. ich mein aber bands wie wir sind helden. anfangs fand ich die richtig klasse. zu der zeit hab ich bei sony gearbeitet. drei monate später hatten wir alleine drei bands am start, die genauso klangen.

der rest des interviews war sehr unterhaltsam, führt aber zu weit...das anschließende konzert war wunderbar! beinahe zwei stunden spielten pink turns blue einen wirklich überzeugenden auftritt. fast das gesamte neue album und klassiker wie missing you, michelle, i coldly stare out, your master is calling, walking on both sides und seven years!

(interview: volker kindt / 28.04.05 / kir hamburg)

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