um 17.00 uhr bin ich mit den sternen im hotel hamburg anlässlich
der veröffentlichung von "das weltall ist zu weit" verabredet.
es ist mein erstes interview und ich bin dementsprechend hibbelig, schließlich
sind die sterne ja alte helden. aber das wird sich während des
gesprächs legen. freundliche begrüßung und das gespräch
beginnt. nur ist das diktiergerät noch nicht an. jetzt aber.
weil das interview ca. eine halbe stunde dauerte und mit persönlichen
anekdoten gespickt war, ist hier die essenz der aussagen, die frank
spilker (gitarre, stimme) und thomas wenzel (bass) trafen:
es heißt im presseinfo, dass eure neue platte wesentlich
direkter ist, als die letzte (irres licht). ist es so eine regel, dass
man wenn man abstrakter und poetischer war, wieder das bedürfnis
hat zu vereinfachen und direktere aussagen zu treffen? und dann vielleicht
wieder umgekehrt?
frank: schon möglich. es war aber nicht unzufriedenheit
mit der letzten platte der grund. wir haben dann ja auch schon mit live
im westwerk (die greatest hits) etwas sehr liviges gemacht. olaf opal
(produzent von irres licht) hatte schon seinen eigenen auch recht druckvollen
sound.
kann man sagen, dass ihr mit der neuen platte total glücklich
seid?
f: wir sind zufrieden. für mich macht sich das aber immer
an der reaktion der leute fest, ich mach die platte ja nicht für
mich. man will sehen, ob das, was man zum beispiel psychologisch bewirken
will auch funktioniert.
das erste lied find ich auch echt geil. was mir nicht so gut gefallen
hat, ist "wir rühren uns nicht vom fleck", mit den vielen
gastsängern. da ist mir auch gleich ein widerspruch aufgefallen:
ihr singt ja: "ihr wollt uns hier nicht haben, das wollt ihr uns
nur nicht sagen". nun singt aber judith holofernes mit und die
wird gerade mit echos überschüttet.
f: das wussten wir da noch nicht, dass sie erfolgreich waren
- klar - das ist eben so ein eigenes phänomen, dem man dann unterliegt.
das ganze war ein versuch von uns, leute heranzuholen, die nicht ganz
direkt zu unserem freundeskreis gehören, also nicht so die alte
hamburger schule sondern die neue generation, zum beispiel thees uhlmann.
oder fettes brot, weil die eben hip hop machen. carsten friedrich von
superpunk ist auch dabei.
wir unterhalten uns über die unterschiedliche art der leute,
dass wort "fleck" auszusprechen, wobei ich thees spaßeshalber
mit oomph! vergleiche. dann kommen wir auf kristof schreuf (kolossale
jugend, singt auch mit) zu sprechen und auf die niedergebrannte pinneberger
kneipe "bessere zeiten" wo schreuf früher verkehrte und
die ich als alter pinneberger noch kannte.
f: die ganzen leute sind so unterschiedlich, die kann man gar
nicht alle gut finden.
es geht also auch trotz der abgrenzung noch um eine gewisse unterschiedlichkeit?
f: es muss zweckgemeinschaften geben, die manchmal so kleinere
grenzen überschreiten, auch als vorübergehende koalition.
es geht um zusammenhalt bei einer sitzblockade, wenn die bullen einen
wegräumen wollen.
also abgrenzung: thees uhlmann redet ja immer davon auf alle menschen
zuzugehen, man kann nicht sagen, dass er sich abgrenzt. ein großer
unterschied zu eurer platte, weil ihr da viel von unzufriedenheit mit
den umständen sprecht.
f: es geht immer darum, mit wem man sich identifiziert, von wem
man sich abgrenzt, vom ich zum wir zu kommen. die da und ich, das ist
was anderes.
ist diese unzufriedenheit auf deutschland bezogen, auf den raum wo
ihr seid, oder ist das eine allgemeine unzufriedenheit, vielleicht mit
den menschen, was evtl. überall so wäre?
f: das ist eine vermutung. ich behaupte, dass das ein typisches
gefühl für meine generation ist, für leute, die ich kenne,
was beim titelsong ("das weltall ist zu weit") vermittelt
wird, in einer schlange zu stehen und nicht dranzukommen. man nimmt
nicht am leben teil.
wärst du also gerne ein paar generationen früher geboren?
f: nee, das ist einfach ein typisches lebensgefühl, dass
alles auf der stelle tritt. aus der berufsausbildung in die rezension.
du fühlst dich aber nicht sinnlos?
f: (lacht) nein, ich bin ja auch ganz gut integriert.
ernährt ihr euch eigentlich von den sternen?
f: ja, das ist auch super. aber: zu beobachten, wie sind die
leute drauf, darum gehts. die ersten drei stücke sind eine bestandsaufnahmne.
wollt ihr, dass jeder eure musik hört, oder sagt ihr, es gibt
ärsche, die das nicht sollen?
f: aber die sollen sich wenigstens darüber aufregen. (auf
anfrage): auch bankangestellte sollen das hören, deren jobs sind
ja auch in gefahr, es gibt auch einfach nicht mehr diesen karrieretypen.
die erste seite des diktiergeräts ist vorbei und ein teil des
gesprächs nicht aufgenommen.
frank erzählte unter anderem, dass die verkaufszahlen der letzten
platte nicht so ganz den erwartungen von virgin records entsprachen
und deshalb die zusammenarbeit beendet wurde. ihm würde es aber
sowieso mehr auf die wirkung ankommen, also könnte man sich die
platte auch seinetwegen runterladen.
würdet ihr euch denn über einen echo freuen?
f: diese preise gibt es ja nach dem man sowieso einen kassenerfolg
hatte. die hat man früher auch gar nicht so ernst genommen. das
ist eine neue kultur mit der ich mich nicht so anfreunden kann. das
ist eine selbstbeweihreucherung dieser ganzen maschinerie. aber natürlich
ist man über kommerziellen erfolg auch dankbar, denn es entlastet.
wenn man was zu sagen hat, will man ja auch nicht, dass das nur zehn
leute hören.
f: genau! es geht um die wirkung, das ganze.
hättet ihr auch was anderes werden können oder seid ihr
von anfang an den weg gegangen musiker zu werden? was ja schwer planbar
ist, oder?
f: thomas saß den ganzen tag in seinem zimmer und spielte
gitarre.
thomas: ich wollte aber nie musiker werden. man rutscht da irgendwie
so rein. ich schließ es auch nicht aus, dass man mal was anderes
wird. es gibt ja beispiele, wo es so eine art crossover auch mit theater
gibt (z.b. les robbespierres), die möglichkeit finde ich auch interessant,
aber ich mach auch gern noch eine weile weiter musik. und vielleicht
werde ich dann in einem kleingarten kartoffeln pflanzen. (lacht)
f: ...dann auf einer kleingärtnerzeitung mit der riesigsten
kartoffel abgebildet!
wollt ihr euch mal aufs land niederlassen oder seid ihr fürs
leben in der großstadt prädestiniert?
f: also ich komm ja vom land (bad salz ufflen) ich bin ganz zufrieden
damit, in der stadt zu leben, mit den möglichkeiten, die man da
so hat.
es folgt eine kurze diskussion über lärmbeschwerden beim
üben in der stadt und verschiedene proberäume, die die sterne
benutzten.
habt ihr denn jetzt einen bestimmten plan?
f: bei der platte jetzt hat das konzept ganz gut funktioniert. der plan
eine solche rockplatte zu machen war schon da, bevor es die songs gab.
wir haben uns nicht so treiben lassen. es gibt also, wie du am anfang
meintest eine natürliche reaktion auf die letzte platte, dass man
das dann erst mal nicht mehr will. so ping pong effekte. dann wirds
vielleicht wieder ein bisschen lyrischer. wir planen aber nicht auf
zehn platten im voraus.
guckt ihr auf eure tradition zurück und lasst euch beeinflussen?
f: ich glaube schon, dass wir bewusst noch mal auf stärken
zurückgreifen oder dinge zu ende führen, die wir schon mal
angefasst haben.
wie ist das mit alten fans? sind die glücklich mit dem, was
ihr jetzt macht?
f: das ist verschieden.
t: man sieht immer nur die neuen fans. die sind vorne und tanzen,
die älteren stehen hinten.
tanzt ihr noch in der disko? die musiker sitzen ja meistens so souverän
in der bar.
f: ich war lange nicht mehr zum tanzen.
t: vor zwei tagen hab ich getanzt. ich tanze gerne. die musik
war aber schrecklich.
was ist euer ziel mit der neuen platte, was erhofft ihr euch?
t: ausverkäufte häuser, erstmal.
f: wir, so als alte etablierte rocker, wollen nicht in der versenkung
verschwinden. noch was zu sagen zu haben, nach sieben platten, das ist
ein tolles ziel, finde ich.
habt ihr angst euch festzufahren, wollt ihr mal was ganz anderes
machen, elektronische musik, oder so?
f: unsere erfahrung ist: wir sind zu viert als band eine rockband,
alles was wir an samples oder elektronik reinbringen verkompliziert
diesen prozess eigentlich und macht das livespielen schwieriger. diese
stärke wollen wir ausnutzen. natürlich kann jeder von uns
aber auch elektronische musik machen.
super, wenn eine band es schafft, einen eigenen stil zu entwickeln
und sich neu zu erfinden!
f: man hat innerhalb dessen ja auch viel handlungsspielraum.
danke fürs interview.
(interview: joachim büchner / 19.05.04 / hotel hamburg)
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