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interview - american analog set

the american analog set finden liebevoll abkürzung als amanset. dabei fällt auch das "american", welches schlichtweg des phonetischen wohlklanges einer alliteration wegen gewählt wurde, nicht so auf. nein, momentan kann man nicht unbedingt stolz auf seine amerikanische herkunft sein. aber da ist man nun einmal in austin (texas) geboren und aufgewachsen und spürt jene ortsverbundenheit, die manche wurzeln nennen, und die auch ein "the austin analog set" rechtfertigen würde. auch sind wissentlich noch keine fälle von zerstörung der tourplakate zu verzeichnen und vielleicht heißt die band deshalb noch nicht "the analog set". aber schön, daß sich die texaner solche gedanken macht, auch wenn menschen in europa gewiss andere dinge als patriotismus, ignoranz und größenwahn mit der musik von aas in verbindung bringen. zum beispiel: nichtstun, erholen und genießen; von einer einlullenden leichtigkeit getragen und durch urmutterähnlich warme instrumentierung einschließlich farsifa geprägt.

alle vergleiche, die gezogen wurden, scheinen mir berechtigt und dennoch nicht treffend. sonic youth, spacemen 3 und spiritualized - nicht wirklich, mmmh... manchmal; galaxie 500 und low - ja, aber nicht so düster; stereolab (ok, aber auf valium) und yo la tengo - vom gefühl her am ehesten. aas selbst zählen ride, lush, stone roses, red house painters und mazzy star zu ihrem liebsten. das spricht für amerikaner um die 30 und mit blick gen osten, über den atlantik.
in europa wurden aas dank guter labelarbeit (we love you/wall of sounds/labels) und dem vierten album "know by heart" (2001) bekannt. der nachfolger "promise of love" konnten im letzten sommer auf popularisierten status aufbauen und aas mit "diplomatischer mission" auf tour gehen.
an den auftritt 2003 in der astra-stube können sie sich nur allzu gut erinnern. es war so voll, daß man sich entschloß, zwei sets zu spielen. nur zu dumm, daß die wenigsten gäste nach dem ersten set den raum freiwillig verlassen wollten, um platz für all die draußen wartenden zu machen. dieses jahr spielen aas in der tanzhalle und wenn ich die tendenzen richtig deute, muß es im kommenden jahr mindestens das molotow sein.
ich treffe aas das erste mal an diesem 9ten juni vor dem konzert auf kaffee und bier, das live-vergnügen vertagt sich für mich aber auf den auftritt im berliner bastard knapp eine woche später. im gepäck die kopie des artikels aus der spex 08/03 in fünffacher ausfertigung, denn darüber hatten sich andrew kenny und co gefreut. sie machen sich etwas aus der aufmerksamkeit der presse und ahnen, daß eine besprechung in einem heft, daß blumfeld auf dem cover trägt, eine gute sache ist.
andrew, der von den bandkollegen ken genannt wird, überrascht mit einem festen händedruck, den ich bei einem blassen, hageren jungen mann mit feinen gesichtszügen nicht vermutet hätte.

ob seine wahlheimat new york (wo er mikrobiologie studiert) einfluß auf sein songwriting zeigen würde, möchte ich wissen.

"keine ahnung, daß mußt du die jungs fragen. guys, hat sich das songwriting geändert, seit ich in new york lebe?"

nein, hat es nicht, nur wird ken nach aussage der guys immer sicherer in proberaum und studio. ja, man lernt selbst nach so vielen jahren (bandgeburt war 1996, davor gab es die electric company) noch dazu und kens äh, andrews devise dazu ist: "making every note count".

lernen heißt bei aas aus fehlern lernen und wachsen. das aktuelle werk ist für sie immer das beste und da "promise of love" bald ein jahr auf dem buckel hat, stellt sich natürlich die frage nach dem nachfolger?

"wir spielen 5 neue songs auf der jetzigen tour. es wird noch eine weile dauern, aber wir rechnen mit einem neuen album anfang nächsten jahres."

dafür trifft man sich circa einmal im monat für einige tage in austin, um gemeinsam stücke einzuspielen. dieser aufwand (keyboarder craig reist aus chicago an) scheint die band jedoch nicht vor eine zerreißprobe zu stellen. jeder führt sein eigenes leben, das sich nicht durch die musik finanzieren läßt, und trotzdem steht man sich nahe, kennt die anderen, ergänzt sich und hängt in gesellschaft von musikern (nein, trail of dead gehören nicht dazu) in austin rum. das ist aber keine szene, das sind freunde, die alle musik machen - wichtiger unterschied ;-).

klingt genauso entspannt und harmonisch, wie die musik der 5 herren, die mit ihrer freundlichen, zurückhaltenden, geradezu fürsorglichen art und guten manieren verwirrend unspektakulär wirken. keine gute basis für eine karriere im lifestyle orientierten musikbuiss.

"das beunruhigt uns nicht. bis jetzt ist alles einfach ganz natürlich gewachsen."

step-by-step den weg der zufriedenheit entlang und erfolg nur an den selbst wichtigen stellen, das scheint genau das richtige für aas zu sein. die musik stellt sich der aufmerksamkeit, nicht die persönlichkeiten dahinter, wo gibt es das denn noch?
und so geht man nach dem konzert geschlossen in eine dieser fern-gespräch-telefonier-läden, um den girlfriends im fernen amerika ein "miss you" oder so zu sagen, und craig, der draußen wartet, ist ganz verstört, weil ihn ständig leute ansprechen, warum er denn so einfach auf der reeperbahn herumstehe.

in berlin wirken alle recht müde. kein wunder, sie haben ganz skandinavien in den letzten 6 tagen bespielt. oder liegt es an der späten stunde (dank deutschland versus niederlande verschiebt die fußballnation den gig bis beinah mitternacht)? einzig schlagzeuger mark läßt sich vom ballfieber anstecken und sitzt vorm fernseher. auf der bühne streben aas dann nach präzession. versunken bis konzentriert, aber weit entfernt von der trance, könnten sie theoretisch übergangslos spielen. die pausen zwischen den liedern stören eigentlich nur den klangkörper.
"organisch", da ist es wieder, dieses wort, das mir zufällt, bevor mir auffällt, daß andrews stimme an phoenix erinnert und drei der zehn unterarme an den instrumenten mit tatoos verziert sind, die von einer vergangenheit berichten, in der ich nicht zu bohren wage.
jeder klimax kommt im publikum an und wenn man als zuhörer seine aufmerksamkeit den details schenkt, läßt man sich auch von den gesprächen der hintergrundmusikfans nicht ablenken. die percussions machen das ganze sogar etwas sexy, körperlich.

die körper der band schreien nach schlaf, also kein post-konzertales-bierchen mehr. basser lee redet über videospiele, keyboarder craig erzählt von chicago und andrew unterhält sich mit einer alten freundin aus irland. ich äußere mein bedauern, daß kein vinyl mit auf reisen gehen konnte. zu gern hätte ich die "updates" ep mit remixen von her space holiday und "volume v" erstanden, eine kollaboration andrew kennys mit ben gibbard von death cab for cutie. soll der "soundtrack for a film montage of two indie lovers" sein. ich dachte, das hätte schon "promise of love" geleistet, aber man lernt ja nie aus.

(interview: wibke wetzker / 09.06.04 / tanzhalle hamburg)

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